ZAHNMEDIZIN | 57 thien spielen hierbei eine wesentliche Rolle [Shahbazia et al., 2012; Lechien et al., 2014]. In einer retrospektiven Analyse von Brüllmann et al. [2012] zeigten DVT-Aufnahmen in 74 Prozent der Fälle verdickte basale Schleimhautschwellungen, wenn gleichzeitig entzündliche periapikale Prozesse vorlagen. In zehn Prozent der Fälle wurde der osteomeatale Komplex als „geschlossen“ klassifiziert. Rechtfertigend lassen sich drei Hauptfragestellungen an die DVT-Aufnahme einer fraglichen odontogenen Sinusitis stellen: Liegen bildmorphologische und lagebedingte Abweichungen im Sinus in Form von Kollateralödemen, Pseudozysten, ins Lumen ragenden radikulären Zysten, basalen beziehungsweise wandständigen Schleimhautschwellungen oder Spiegelbildungen bis hin zu Totalverschattungen vor? Ist das Ostium naturale nachvollziehbar und damit die Funktionsweise der Kieferhöhle intakt? (soweit das Volumen des DVT-Geräts dies zulässt): Liegt eine Ausbreitung der Sinusitis maxillaris in die benachbarten Nasennebenhöhlen (Pansinusitis) vor? Diese Informationen sind wichtig, um den Umfang des chirurgischen Eingriffs entsprechend planen und gegebenenfalls differenzialtherapeutische Erwägungen anstellen zu können (Abbildung 5). Bei Vorliegen einer Pansinusitis ist zusätzlich eine rhinogene Ursache in jedem Fall abzuklären. Einfluss der WSR auf die spätere Implantattherapie des ersetzten Zahnes Neben der Frage nach der Chance des Zahnerhalts stellen Patienten häufig die Frage, ob sie durch die WSR Nachteile zu erwarten hätten, wenn sie sich später, bei Fehlschlag der WSR für ein Implantat entscheiden würden (Abbildung 6). Tatsächlich ist die Datenlage zu dieser Fragestellung sehr dünn. Die Schwierigkeit der wissenschaftlichen Aufarbeitung und damit auch das Fehlen von Publikationen liegt in der Notwendigkeit einer sehr hohen Fallzahl sowohl bei der WSR und als auch bei der Implantattherapie, um Fälle zu finden, wo nach zunächst durchgeführter und später gescheiterter WSR der Patient dann an dieser Stelle tatsächlich ein Implantat bekommen hat und anschließend noch eine akzeptable Zeit in der Nachbeobachtung war. So war bei einer Studie von Saleh et al. [2021] das Screening von 1.241 Wurzelspitzenresektionen und über 9.000 Implantaten in einem 15-Jahres-Zeitraum notwendig, um am Ende 25 Studienteilnehmer für eine retrospektive Untersuchung einschließen zu können. Bei einer retrospektiven Analyse des eigenen Patientenguts mit einer Nachbeobachtungszeit von fünf Jahren sollten folgende Fragen beantwortet werden: Beeinflusst eine vorangegangene WSR das spätere Knochenangebot und führt sie möglicherweise häufiger zu einer Augmentation? Hat sie einen Einfluss auf das Implantatüberleben? Führt sie vermehrt zu einem periimplantären Knochenabbau? Hierzu wurde ein Datensatz mit 816 Implantaten bei 598 Patienten mit verfügbaren Röntgenbildern der extrahierten und ersetzten Zähne ausgewertet. Die Behandlungsfälle wurden in eine Gruppe mit (Gruppe A) und eine Kontrollgruppe ohne vorangegangene Wurzelspitzenresektion (Gruppe B) eingeteilt. Ein möglicher Zusammenhang zwischen der vorangegangenen Wurzelspitzenresektion und der Notwendigkeit einer späteren hartgeweblichen Augmentation mittels Schalentechnik beziehungsweise der klassischen Blockaugmentation wurde statistisch untersucht. Insgesamt 437 Implantate (Gruppe A: 42, Gruppe B: 395) bei 309 Patienten, die am Nachsorgeprogramm teilnahmen, wurden darüber hinaus im Hinblick auf das Implantatüberleben und den periimplantären Knochenverlust ausgewertet. Die Fünf-Jahres-Implantatüberlebensrate wurde mit dem Kaplan-Meier-Schätzer berechnet. Der periimplantäre Knochenverlust wurde auf Röntgenbildern bis zu fünf Jahre nach Implantatinsertion vermessen. Bei 11,5 Prozent des Gesamtkollektivs (94 Fälle) war eine Wurzelspitzenresektion durchgeführt worden. In 19,1 Prozent der Fälle der Gruppe A (mit vorangegangener WSR) und 26,6 Prozent der Fälle der Gruppe B (ohneWSR) wurde im Rahmen der anschließenden Implantattherapie eine hartgewebliche Augmentation durchgeführt: Der Unterschied war nicht signifikant (p = 0,12). Auch bei der der Fünf-JahresImplantatüberlebensrate (Gruppe A: 96,6 Prozent; Gruppe B: 98,0 Prozent) und dem marginalen periimplantären Knochenverlust wurden während des Fünf-Jahres-Follow-ups zu keinem Zeitpunkt signifikante Unterschiede zwischen beiden Gruppen berechnet [Kreisler et al., 2022]. Abgeschlossene apikale Defekte heilen nach Extraktion in der Regel problemlos aus und spielen daher für die spätere Implantattherapie keine Rolle. Problematisch sind Defekte, die bedingt durch eine ausgedehnte apikale Osteolyse keine oder fast keine vestibuläre Lamelle aufweisen (Abbildung 7), wobei dieses Problem bei einer Extraktion als Differenzialtherapie unverändert bleibt. Darüber hinaus können Fälle mit einer sekundär (nach der WSR) aufgetretenen Längsfraktur bekanntermaßen zu ungünstigen Knochendefekten führen. Die Daten zeigen, dass eine vorangehende WSR die mögliche spätere Implantattherapie nicht negativ beeinflusst. Dies trifft sowohl für den Behandlungsaufwand als auch für die Implantatprognose zu. Es ist aus unserer Sicht wichtig, dies in jedem Aufklärungsgespräch auch so zu kommunizieren. zm113 Nr. 01-02, 16.01.2023, (57) CME AUF ZM-ONLINE Update Wurzelspitzenresektion – die aktuelle Evidenz im Fokus Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie zwei CME-Punkte der BZÄK/DGZMK.
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