zm Nr. 03, 01.02.2023, (107) TITEL | 13 Die physiologischen, immunologischen und psychologischen Benefits des Stillens für Mütter und Kinder sind durch Studien vielfach wissenschaftlich belegt. Darin sind sich die Fachrichtungen einig: Stillen ist das Beste für das Kind in den ersten sechs Monaten. Danach scheiden sich die Geister. Foto: LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com Demineralisation auslösenden Wert von 5,7 [ Johansson, 2002]. Somit wirkt Muttermilch an sich nicht stark kariogen [Ricomini Filho et al., 2021]. Ein weiterer Grund, der gegen eine starke Kariogenität spricht, ist anatomisch begründet. Saugt ein Kind korrekt an der Brust, kommt die Brustwarze weit hinter den Oberkiefer-Frontzähnen am Übergang vom harten zum weichen Gaumen zum Liegen und entleert bei aktiver Saugarbeit auch direkt in den Rachen, wo die Milch dann geschluckt wird. Die Verweildauer der Muttermilch im Mund ist somit beim aktiven Trinken sehr kurz und ein Umspülen der Zähne mit der Flüssigkeit findet kaum statt. Stillen trainiert die Zungenmuskulatur Wichtig ist auch: Der Saugvorgang an der Brust hat einen immensen, über den bloßen Ernährungsaspekt hinausgehenden und von der Industrie in diesem Maß nicht imitierbaren Einfluss auf die (optimale) Entwicklung des kraniofazialen Wachstums. Der noch sehr weiche Gaumen von Babys wird vor allem durch die Zunge und ihre Lage geformt. Der Mundraum eines Neugeborenen wird nahezu komplett durch die Zunge ausgefüllt. Idealerweise liegt die Zunge dabei am Gaumen an und fördert dessen Breitenwachstum. Ruht die Zunge in Ruhe korrekt im Mundraum, wirken keinerlei abnormale muskuläre Kräfte auf die Strukturen der Mundhöhle. Während des Saugens an der Brust passt sich das Brustgewebe an die Gaumenforman und unterstützt deren Ausformung, der Unterkiefer positioniert sich weiter nach anterior. Damit trainiert Stillen die Zungenmuskulatur hinsichtlich Beweglichkeit und Kraft und schafft optimale Voraussetzungen für eine korrekte Zungenruhelage. Die Flaschenfütterung unterscheidet sich vom Stillen. Je nachdem, welches Saugerteil bei einer Flaschenfütterung verwendet wird, muss ein Kind mehr, meist aber weniger arbeiten, um an den Inhaltzugelangen.Oft tropftauchohne aktives Zutun die Formula-Nahrung heraus und begünstigt ein sogenanntes „Pooling“ — eine Ansammlung von flüssiger Nahrung imMundraum. Im Unterschied zum Stillen kommt es hier sehr wohl zu einem Umspülen der Zähne mit Nahrung. Die Zunge wird bei der Flaschenfütterung nicht nur nach posterior-kaudal verlagert, sondern durch den Fremdkörper Sauger auch von ihrer natürlichen Position am Gaumen verdrängt. Dies führt zu veränderten Krafteinwirkungen von Zungen- und Wangenmuskulatur auf den Kieferknochen. Die Kopf-HalsMuskulatur und besonders die Zunge werden bei der Flaschenfütterung weniger trainiert als beim Stillen [Wang et al., 2015]. Das Kariesrisiko ist für Flaschenkinder höher Ein weiteres Risiko für ECC liegt in der Zusammensetzung der Ersatzmilch. Die für nicht gestillte Säuglinge empfohlene und auch am meisten verfütterte „Pre-Milch“ enthält als einziges Kohlenhydrat ebenso wie humane Milch Laktose. Allerdings können die in der Muttermilch enthaltenen keimhemmenden Stoffe Laktoferrin und Lysozym industriell nicht nachgeahmt werden. Studien haben gezeigt, dass selbst bei noch nicht vorhandenen Zähnen das Kariesrisiko für Flaschenkinder bei ansonsten gleichen Ausgangsbedingungen höher ist als bei ihren gestillten Altersgenossen [Olatosi et al., 2014]. Das Kariesrisiko bemisst sich zudem nicht nur an der Kariogenität der
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