Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 3

zm Nr. 03, 01.02.2023, (136) 42 | POLITIK ten informiert. Wir erhoffen uns eine gut funktionierende Zusammenarbeit mit den Landkreisen und Gemeinden, damit auch sie etwas zur Erhaltung der vertragszahnärztlichen Versorgung beitragen können." Längere Wege zum nächsten Zahnarzt sind eingepreist Solch ein Vorgehen berichtet auch Brandenburgs KZV-Chef Steglich: „Die kommunale Daseinsvorsorge und die zahnmedizinische Versorgung sind untrennbar miteinander verknüpft. Wir setzen daher auf Kooperation statt Segmentierung und streben eine Vernetzung der kommunalen Selbstverwaltung mit der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen an. Nur wenn alle wichtigen Akteure im Gesundheitswesen die zukünftige zahnmedizinische Versorgung im Flächenland Brandenburg als gemeinsame Aufgabe verstehen, kann deren Sicherstellung auf dem bisherigen Niveau gewährleistet werden." Wie die zahnärztliche Versorgung der Zukunft aussehen wird, lasse sich nicht konkret voraussehen, glaubt Rommeiß. „Was sich aber absehen lässt, ist, dass offenbar Zahnarztpraxen vermehrt aus dem ländlichen Bereich verschwinden und dass auch die kleinen Praxen beziehungsweise Einzelpraxen zukünftig sicherlich durch größere Zusammenschlüsse der Berufsgruppe abgelöst werden. Zum einen ist es günstiger, die hohen Finanzierungskosten auf mehrere Beteiligte einer Praxis zu verteilen und zum anderen sind natürlich auch fachliche und spezialisierte Ausrichtungen in Praxen mit mehreren Behandlungseinrichtungen einfacher zu verwirklichen. Dies wird zur Folge haben, dass die zahnärztliche Versorgung spürbar abnehmen wird. Hier ist die Politik gefragt und angehalten, die Voraussetzungen attraktiver zu gestalten!“ Die KZV Sachsen sieht dies ganz ähnlich: „Die bisher bekannte flächendeckende Versorgung wird keine Selbstverständlichkeit mehr sein. Die Patienten werden längere Fahrtwege in Kauf nehmen müssen, um zum nächsten Zahnarzt zu gelangen. Demzufolge ist es entscheidend, dass die öffentlichen Verkehrsmittel so ausgebaut werden, dass der Patient möglichst mit den öffentlichen Verkehrsmitteln den Arzt und Zahnarzt erreicht. Neue Mobilitätsstrukturen sollten dazu kreiert werden.“ „Wir können die Zukunft nicht vorhersagen“, sagt Steglich. "Wir setzen aber auf unsere Instrumente und auf mutige Zahnärztinnen und Zahnärzte, die den Schritt in die eigene Niederlassung wagen und die Angestelltentätigkeit nur als Übergangsphase wählen. Denn der Mut, in die Niederlassung zu gehen, wird belohnt“ – und das im wahrsten Sinne des Wortes. nb BAD BERLEBURG — OASE FÜR NIEDERLASSUNGSWILLIGE? "Gemeinsam, nachhaltig und zukunftssicher" – genau so wollen die Kassenzahnärztliche VereinigungWestfalen-Lippe (KZVWL) und die Stadt Bad Berleburg die zahnmedizinische Versorgung in der "Stadt der Dörfer" aufstellen. Darum haben Dr. Holger Seib, Vorstandsvorsitzender der KZVWL, und Bernd Fuhrmann, Bürgermeister von Bad Berleburg, im November 2022 einen Letter of Intent (LOI) unterzeichnet, der Bad Berleburg als Modellregion für neue Ansätze zur Sicherstellung der flächendeckenden zahnärztlichen Versorgung ausweist. Die Stadt Bad Berleburg liegt als flächenmäßig größte Stadt im Nordosten des Kreises Siegen-Wittgenstein mitten im Rothaargebirge. Mit ihren rund 18.700 Einwohnern setzt die Kleinstadt verstärkt auf nachhaltige Stadtentwicklung und Digitalisierung. Derzeit stellen sechs Zahnarztpraxen und sechs ZahnärztInnen die Versorgung in Bad Berleburg sicher. Der Versorgungsgrad des Kreises Siegen-Wittgenstein liegt laut dem offiziellen Bedarfsplan 2022 bei 95 Prozent — vor drei Jahren lag dieser Wert bei 91,91 Prozent. "Gleichwohl indizieren ein- und ausgehende Patientenpendlerbewegungen, dass die zahnärztliche Leistungserbringung nicht immer wohnortgebunden stattfinden muss", erläutert die KZVWL auf Anfrage. "Bad Berleburg sieht sich, wie alle ländlichen Gemeinden, mit den veränderten Rahmenbedingungen und Vorstellungen der zahnärztlichen Berufsausübung konfrontiert, zum Beispiel mit einer alternden Gesellschaft, der Zunahme von Zahnärztinnen und damit einem Fokus auf der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie mit dem verzögerten Wunsch nach Selbstständigkeit." Gemeinsam wollen die KZV und der Bürgermeister daher neue Ideen entwickeln, "wie wir die zahnärztliche Versorgung festigen und zukunftssicher gestalten können", erklärt Seib. Um das zu erreichen, sollen vor allem die ZahnärztInnen vor Ort in das Projekt eingebunden werden. "Sie vereinen die Sichtweisen der zahnärztlichen Versorgung und der regionalen Verbundenheit", erläutert Seib. "So sollen derzeit bestehende Zahnarztpraxen auch über die jetzige Generation [...] hinaus möglichst bestehen bleiben. Weiterhin sollen die Zahnarztpraxen Unterstützung erfahren, sollten sie ihr Leistungsspektrum zugunsten einer flächendeckenden Versorgung quantitativ erweitern wollen." Die Ansiedlung neuer Praxisstandorte sei ebenfalls erklärtes Projektziel. "Dies soll partnerschaftlich unter Einbeziehung aller Akteure vor Ort geschehen, um neue Strukturen von Beginn an nachhaltig zu festigen", so Seib. „Die nachhaltige Sicherstellung und Weiterentwicklung der zahnärztlichen Versorgung ist für unsere Bürgerinnen und Bürger, aber auch für Bad Berleburg als Wohn-, Arbeits- und nicht zuletzt als Gesundheitsstandort immens wichtig", ergänzt Fuhrmann. Der Wunsch nach Niederlassung sei in zukünftigen Generationen von ZahnärztInnen nach wie vor ausgeprägt, glaubt Seib: "Die Selbstständigkeit wird sich jedoch ändern – hin zu Mehrbehandlerpraxen und Job-Sharing-Modellen, in denen sich die Behandlerinnen und Behandler nach den eigenen Wünschen und zum Wohle der Patienten verwirklichen können. Das i-MVZ wird dabei jedoch nicht helfen können." Lösungen, die im Rahmen der Modellregion erfolgreich umgesetzt werden, sollen daher sorgfältig evaluiert und – wenn möglich – in ganz Westfalen-Lippe etabliert werden.

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