ZAHNMEDIZIN | 45 zm Nr. 03, 01.02.2023, (139) kert wird. Die Methode ermöglicht es, eine kaufunktionell vollbelastbare, das heißt funktionsstabile, patientenspezifische Versorgung durch nur einen operativen Eingriff ambulant zu erzielen [Gellrich et al., 2017a, Gellrich et al. ,2017b]. Mittlerweile wurde dieses Verfahren bei 78 Patienten angewendet, wobei das Indikationsspektrum vor allem den Ober-, aber auch den Unterkiefer betrifft und zunächst auf postablative Defekte von Patienten mit Kopf-HalsTumoren fokussierte, dann jedoch erweitert wurde über hochgradig atrophe, häufig mehrfach voroperierte oder auch durch vorangegangene Implantationsversuche vorbehandelte Patienten mit ungünstigsten skelettalen Verhältnissen (Pseudoklasse III) und andere auch infolge von Lippen-KieferGaumenspalten-assoziierten Deformitäten, posttraumatischen Zuständen oder syndromal-bedingten Anomalien (Abbildung 1) [Rahlf et al., 2022; Gellrich et al., 2022; Korn et al., 2021; Korn et al., 2022]. Allen Fällen ist gemein, dass sie grundsätzlich nicht ohne ansonsten aufwendige — in der Regel auch mikrochirurgische — Mehrfachoperationen so vorzubereiten wären, dass letztlich eine kaufunktionelle Rehabilitation durch konventionelle dentale Implantate möglich wäre. Tabelle 1 listet die Anzahl und auch die aufgeschlüsselten Indikationen auf. Anhand von klinischen Fallbeispielen werden dieMöglichkeiten dieser neuen Generation patientenspezifischer Implantate, die über einen digitalen Planungspfad im Laserschmelzverfahren produziert werden, demonstriert. Die anschließende Herstellung des Zahnersatzes erfolgt entweder klassisch analog oder rein digital. Beispiel 1: Implantatverluste und gescheiterte Augmentation Bei einer 83-jährigen Patientin lag bereits der Verlust eines implantatgetragenen Zahnersatzes vor sowie ein vorangegangener gescheiterter Therapieversuch mit Knochenersatzmaterialien zur Verbesserung des Knochenangebots im Oberkiefer. Das Ergebnis war eine nochmalige Verschlechterung der bereits ungünstigen Ausgangssituation mit beidseits massiver Sinusitis maxillaris und einhergehenden bilateralen Mund-Antrum-Verbindungen im Vestibulum des ehemaligen Seitenzahnbereichs. In der Zusammenschau mit den ungünstigen Achsen der vormals alio loco im Unterkiefer eingebrachten konfektionierten Zahnimplantate kam es zur Manifestation einer Pseudoklasse III. Die im Wesentlichen iatrogen bedingte Dekompensation der lokalen biologischen Situation bedingte, dass zunächst die Sanierung der infizierten Bereiche sowie die Entfernung des desintegrierten Knochenersatzmaterials erfolgen musste. Es resultierte die herausfordernde Ausgangslage für die Planung und Versorgung durch ein IPS (Individual Patient Solutions) Implants® Preprosthetic (KLS Martin Group, Tuttlingen, Deutschland; Abbildung 2). Während alle anderen Verfahren der konventionellen zahnärztlichen Implantologie darauf aufbauen, dass ausreichend Knochen vorhanden ist beziehungsweise zunächst aufgebaut wird, um die erforderlichen Zahnimplantate zu verankern, und dass diese wiederum in der gewünschten Position inseriert werden und dann auch osseointegrieren, ist das hier vorgestellte neue Verfahren davon unabhängig. Grund hierfür ist die funktionsstabile Multivektorverankerung des rigiden patientenspezifischen Gerüstimplantats mit ortsferner Fixation von den Durchtrittsstellen der Implantatpfosten durch die Schleimhaut. Vier Pfeiler sind dabei biomechanisch absolut hinreichend, um einen unbezahnten Kiefer zu rehabilitieren. Nach ambulanter Einbringung eines solchen Implantats erfolgt die PrimärPD Dr. med. Dr. med. dent. Philippe Korn, Leitender Oberarzt Medizinische Hochschule Hannover, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kieferund Gesichtschirurgie Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover Foto: Viola Pawlaczyk PROF. DR. MED. DR. MED. DENT. NILS-CLAUDIUS GELLRICH Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover gellrich.nils-claudius@ mh-hannover.de 1982–1989: Studium der Zahnmedizin und Medizin an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 1990–1993: Weiterbildung zum Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie an der RuhrUniversität Bochum 1994: Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie 1996–1997: Oberarzt in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der RuhrUniversität Bochum 1997–2004: Leitender Oberarzt und Stellvertreter des Ärztlichen Direktors der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der AlbertLudwigs-Universität Freiburg 10/2004: Berufung auf die W3-Professur und Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) 2019: Oberstarzt der Reserve der Deutschen Bundeswehr Forschungsschwerpunkte: Komplexe Rekonstruktionen des Gesichtsschädels, Gewebepräfabrikation und -regeneration, Computer-assistierte Planung und Chirurgie, Vaskularisation und Mikrozirkulation, Patientenspezifische und funktionalisierte Implantate Mitgliedschaft in zahlreichen nationalen und internationalen Gremien und Fachgesellschaften Foto: V. Pawlaczyk, MKG-Chirurgie MHH
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