Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 3

zm Nr. 03, 01.02.2023, (166) 72 | ZAHNMEDIZIN Diskussion Fast 90 Prozent aller dentalen Unfälle treten vor dem 20. Lebensjahr auf [Petersson et al., 1997]. Dentale Traumata an bleibenden Zähnen sind mit einer weltweit durchschnittlichen Prävalenz von 15,2 Prozent (95 CI, 13,0—17.4 Prozent) [Petti et al., 2018] keine Seltenheit. Traumata im adulten Gebiss werden weniger durch Stürze oder Spielunfälle verursacht, sondern durch Sportunfälle, körperliche Auseinandersetzungen und Verkehrsunfälle [Hecova et al., 2010]. An bleibenden Zähnen treten häufiger unkomplizierte Kronenfrakturen (ohne Pulpabeteiligung) auf als an Milchzähnen, bei denen Luxationsverletzungen die Mehrheit aller dentalen Traumata ausmachen [Andreasen und Ravn, 1972]. Dies beruht unter anderem auf entwicklungsbedingten Unterschieden der Knochen- und der Zahnstrukturen und der damit korrelierenden Energieübertragung bei einer traumatischen Einwirkung. Eine Kombination von Kronen- und Wurzelfraktur stellt eine seltene Form dentaler Traumata dar (1,0 Prozent in bleibenden Zähnen; 4,8 Prozent in Milchzähnen) [Díaz et al., 2010]. Im Zuge einer Wurzelfraktur kommt es zu einer Schädigung von Pulpa, Dentin, Wurzelzement, parodontalem Gewebe und gegebenenfalls Alveolarknochen. Vertikale Wurzelfrakturen sind charakteristisch für avitale, wurzelkanalbehandelte Zähne [Komatsu et al., 2014], während horizontale Wurzelfrakturen in vitalen Frontzähnen häufig als Folge traumatischer Einwirkung entstehen [Mizuhashi et al., 2021]. Klassifiziert werden diese Wurzelquerfrakturen nach ihrer Lokalisation im koronalen, mittleren oder apikalen Wurzeldrittel und nach dem Dislokationsgrad des koronalen Fragments [Andreasen et al., 2018]. Die Prognose einer Wurzelquerfraktur ist neben diesen beiden Faktoren auch von der Wurzelentwicklung (Alter), vom Abstand der beiden Fraktursegmente, von der Mobilität des koronalen Fragments und von der Sensibilität des Zahnes abhängig [Andreasen et al., 2004]. Obwohl die Höhe der Wurzelquerfraktur laut Andreasen et al. keine signifikante Auswirkung auf die Entwicklung von Pulpanekrosen hatte [Andreasen et al., 2004], konnten diese seltener bei Frakturen in der zervikalen Wurzelregion beobachtet werden. Bei einer zusätzlichen Dislokation des koronalen Fraktursegments wurden jedoch in circa 25 Prozent der Fälle Pulpanekrosen beobachtet [Andreasen et al., 1989]. Dabei spielte auch der Abstand zwischen den beiden Fragmenten eine Rolle. So kann bei einem Frakturspalt von > 1 mm von einer Unterbrechung der Gefäß-Nerven-Versorgung der Pulpa ausgegangen werden, was die Wahrscheinlichkeit einer Pulpanekrose verdoppelt [Andreasen et al., 2004]. Komplexe Kronenfrakturen sind Verletzungen des Zahnhartgewebes, die in einer Exposition der Pulpa resultieren. Bei einer akzidentiellen Pulpaeröffnung kommt es nach einer gewissen Expositionszeit zu einer bakteriellen Infiltration aus dem oralen Milieu und darauffolgend zu einer Inflammation der Pulpa [Hargreaves et al., 2012]. Um eine Ischämie und eine nachfolgende Pulpanekrose zu vermeiden, wird in der internationalen Literatur in diesen Fällen bereits seit Längerem eine Pulpotomie als Therapiemittel der Wahl empfohlen [Bergenholtz et al., 2010]. Laut der European Society of Endodontology (ESE) sollten solche Kronenfrakturen ebenfalls bevorzugt mit vitalerhaltendenMaßnahmen, wie einer direkten Überkappung oder Pulpotomie, versorgt werden [Krastl et al., 2021]. Jedoch gibt es zunehmend Hinweise darauf, dass es nach einer direkten ÜberAbbildung 5: Röntgenologische Kontrolluntersuchung nach drei Monaten Foto: Röntgenabteilung CharitéCentrum 03 Abbildung 4: Klinische Darstellung einen Tag nach der Erstversorgung mit einem TitanTrauma-Splint Foto: Esra Koşan Abbildung 6: Röntgenologische Kontrolluntersuchung nach neun Monaten Foto: Röntgenabteilung CharitéCentrum 03

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