Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 5

zm113 Nr. 05, 01.03.2023, (322) 36 | GESELLSCHAFT NONNEN, WUNDÄRZTE UND DENTISTEN Zahnmedizin vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit Matthis Krischel, Julia Nebe Von der Heiligen Apollonia und Hildegard von Bingen über die Bader und Wundärzte der frühen Neuzeit bis zu Wilhelm Fabry, Pierre Fouchard und Philipp Pfaff: Ohne sie würde es das Berufsbild des Zahnarztes, wie wir es heute kennen, nicht geben. Schauen wir auf das medizinische Wissen und die zahnärztlichen Behandlungen von damals. Spätestens seit dem 9. Jahrhundert gedachte das christliche Mittelalter jedes Jahr am 9. Februar der Märtyrerin Apollonia von Alexandria, der im Zuge der Christenverfolgung die Zähne ausgeschlagen oder mit einer Zange herausgezogen worden sein sollen, bevor sie auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Seitdem gilt die Heilige, die häufig mit einer Zange oder einem Zahn als Attribut dargestellt wird (Abbildung 1), als Schutzpatronin der Zahnkranken und später auch der Zahnbehandler [Pack, 2003]. Doch welche Formen medizinischen Wissens und der zahnheilkundlichen Behandlung gab es im Mittelalter und der frühen Neuzeit? Dazu hilft ein Blick auf die Rolle von Nonnen, Wundärzten und Dentisten bei der Zahnbehandlung vom 12. bis ins 18. Jahrhundert. In Klöstern wurden die griechischen Klassiker übersetzt Mit dem Untergang des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert entstanden im europäischen Mittelalter weitreichende Hemmnisse für die kulturelle und wissenschaftliche Entwicklung in dieser Region. Die in der Vorzeit obligatorischen Griechischkenntnisse waren im lateinischsprachigen Westen verloren gegangen, der Zugriff auf das antike medizinische Wissen war damit kaum mehr möglich und dieses in der Folge einem stetig fortschreitenden Niedergang ausgesetzt. Die Trümmer einer antiken Wissenschaft „und mit ihnen schwache Spuren einer gewissen ärztlichen Gelehrsamkeit“ [Brunner, 2017, 4] retten sich in die Refugien des christlichen Abendlandes. Klöster avancierten zu den wichtigsten Zentren literarischer und kultureller Pflege. Neben umfangreichen Handschriftensammlungen entstanden hier Übersetzungen der griechischen medizinischen Klassiker ins Lateinische [Eckhart, 2017, 50; Heinzmann, 2021]. Die antikenWissenschaften— auch die Medizin und die Arzneimittelkunde — wurden nun Teil der klösterlich-christlichen Gelehrsamkeit. Die sich für die Mönche aus ihrem religiösen Stand ergebende (Nächsten-)Liebe und Barmherzigkeit waren es dann, die die christlichen Klostergemeinschaften verpflichteten, auch für die Gesundheit ihrer Mitmenschen Sorge zu tragen [Seidler/Leven, 2017, S. 88; Brunner, 2017, 4-5]. Abb. 1: Die heilige Apollonia, Schutzpatronin der Zahnärzte und Zahnkranken Foto: zatletic - stock.adobe.com

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