zm113 Nr. 06, 16.03.2023, (438) 40 | ZAHNMEDIZIN Bei den Makroliden ergibt sich ein inhomogeneres Bild. Während die Arzneimittelkommission Zahnärzte (AKZ) 2010 vom Einsatz von Makroliden bei Schwangeren abriet [Schindler et al., 2010], wird in der jüngsten Veröffentlichung der AKZ die zahnärztliche Anwendung von Makroliden nur bei strenger Indikationsstellung und unter sorgfältiger Nutzen/Risiko-Abwägung empfohlen [Arzneimittelkommission Zahnärzte, 2022]. Hingegen wird in einem Kompendium der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg darauf verwiesen, dass „Makrolid-Antibiotika […] in der Schwangerschaft gegeben werden [können]“ [KVBW, 2018]. Auch in der aktuellen internationalen Literatur sind die Ergebnisse widersprüchlich. Während sich in großen nationalen Kohortenstudien aus Israel mit über 100.000 Schwangeren und jüngst aus Dänemark mit knapp 1,2 Millionen Schwangeren bei Patientinnen mit Makrolidbehandlungen kein erhöhtes kindliches Missbildungsrisiko zeigte [Andersson et al., 2021; Dinur et al., 2013], wurden in einer englischen Studie bei Makroliden gegenüber Penicillin in der Frühschwangerschaft erhöhte Raten an kardiovaskulären Fehlbildungen und insgesamt vermehrt genitale Fehlbildungen beobachtet. Die Autoren empfehlen, alternative Antibiotika zu verordnen, bis weitere Studienergebnisse vorliegen [Fan et al., 2020]. Somit sollten Makrolide zumindest bei Patientinnen mit nachgewiesener Penicillinallergie als eine der wenigen möglichen Alternativen angesehen werden [Kiefer et al., 2019]. In einer großen kanadischen. populationsbezogenen Kohortenstudie fand sich für das Lincosamid Clindamycin ein erhöhtes Risiko für muskuloskelettale Fehlbildungen und ventrikuläre beziehungsweise atriale Septumdefekte [Muanda et al., 2017b]. Es wird empfohlen, Clindamycin nur zu benutzen, wenn Penicilline, Cephalosporine und Makrolide zur Infektionsbekämpfung (zum Beispiel Anaerobier-Infektionen) nicht ausreichen und die Indikation sehr streng zu stellen ist [Mylonas, 2011; Schindler et al., 2010]. Die Datenlage zu Clindamycin in der Schwangerschaft ist allerdings insgesamt recht spärlich [Meyer-Wübbold et al., 2020]. Die Gabe von Tetracyclinen ist in der Schwangerschaft absolut kontraindiziert, da es zu einer irreversiblen Einlagerung von Chelatkomplexen aus Tetracyclinen und Calcium in Knochen und Zähne kommen kann [Pertl, 2000]. Pasten, die in der Endodontie angewendet werden (zum Beispiel Ledermix®, Riemser Greifswald), enthalten Wirkstoffe aus der Gruppe der Tetracycline und Kortikosteroide. Sie stellen aufgrund der systemischen Resorption zumindest ein potenzielles Risiko für den Fetus dar [Ibing und Schäfer, 2022; Patcas et al., 2013]. Bei Metronidazol, einem Antibiotikum mit breitem Wirkspektrum im anaeroben Bereich, hat sich die Einschätzung gewandelt. Während einige Autoren in älteren Publikationen die Anwendung in der Schwangerschaft sehr kritisch sehen [Balogh, 2010; Pertl et al., 2000], ergaben sich in einem aktuellen Review keine Hinweise auf Fehlgeburten oder fetale Fehlbildungen bei pränataler Metronidazolgabe [Aliabadi et al., 2022]. Laut Embryotox kann Metronidazol bei kritisch geprüfter Indikation in der gesamten Schwangerschaft eingesetzt werden. Zusammenfassend besteht Konsens, dass eine unbehandelte mütterliche odontogene Infektion ein größeres Risiko für den Fetus darstellt als eine gezielte antibiotische Therapie mit dem passenden Präparat [Giglio et al., 2009; Ouanou und Haas, 2016; Patcas et al., 2012]. Allerdings sollte die Schwangere darauf hingewiesen werden, dass jede AntibiotikagabeinderSchwangerschaft die Vaginalflora beeinflussen und die Besiedlung mit Lactobacteriacea schwächen oder verändern kann. Da daraus gegebenenfalls ein Frühgeburtsrisiko resultiert, sollte die Schwangere ihren Frauenarzt über eine Antibiotikatherapie informieren, damit bei einer pH-Verschiebung gegengesteuert werden kann [Stokholm et al., 2014]. Analgetika Auch werdende Mütter leiden gelegentlich unter behandlungsbedürftigen Schmerzen im Kiefer- und Gesichtsbereich. Starke, unbehandelte Schmerzen können ungünstige Wirkungen auf das ungeborene Kind haben. Durch Schmerz verengte Blutgefäße können zu einer verminderten Blut- und Sauerstoffversorgung des Kindes führen [Leopoldt, 2019]. Wenn der Schmerz andauert oder zu stark ist und mit nichtmedikamentösen Methoden keine ausreichende Linderung erreicht werden kann, sollten geeignete Arzneimittel in einer ausreichend hohen Dosierung angewendet werden. Wie die meisten anderen Medikamente ist auch Paracetamol plazentagängig. Nach heutigem Wissen erhöht Paracetamol laut der Embryotox-Datenbank das Fehlbildungsrisiko nicht. Paracetamol als Monotherapie gilt demnach auch für die Frühschwangerschaft als sicher. Im Gegensatz zu Ibuprofen wirkt dieses jedoch nicht antiphlogistisch. Verschiedenste Studien (vor allem Kohortenstudien) haben in den vergangenen Jahren eine Assoziation zwischen einer Paracetamoleinnahme während der Schwangerschaft und verschiedenen Entwicklungsstörungen beim Kind (zum Beispiel ADHS, Autismus, Schlafprobleme, Sprachentwicklungsstörungen) angedeutet [Alemany, 2021; Bauer, 2021; Sznajder et al., 2022]. Dabei handelt es sich in einigen Studien oft nur um schwach signifikante Assoziationen. Eine Kausalbeziehung zur Paracetamol-Exposition kann derzeit daraus nicht abgeleitet werden. Auch die Datenbank Embryotox verweist auf die lange Erfahrung, die kein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen annehmen lässt. Paracetamol sollte in der Schwangerschaft auf jeden Fall in der geringsten wirksamen Dosis und so kurz wie möglich eingenommen werden. Allerdings ist auch bekannt, dass die Einzelhöchstdosis von 1.000 mg Paracetamol oft nicht für die gewünschte Analgesie ausreicht. Von einer Dosiserhöhung ist wegen der steigenden Lebertoxizität abzuraten [Yoon et al., 2016]. Zu bedenken ist ferner, dass es insbesondere im dritten Trimenon keine medikamentösen Alternativen gibt – außer den Opioiden, die sehr starken Schmerzen vorbehalten sind. Die NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) wie Ibuprofen, Acetylsalicylsäure (ASS) und Diclofenac sind im ersten und im zweiten Trimenon in bestimmungsgemäßer Anwendung über einen begrenzten Zeitraum offenbar sicher; es gibt keine Hinweise auf Teratogenität [Ouanounou und Haas,
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