Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 6

66 | ZAHNMEDIZIN zm113 Nr. 06, 16.03.2023, (464) MKG-CHIRURGIE Vaskuläre Anomalie des Os frontale Philipp Becker, Andreas Pabst, Stephan Waldeck, Richard Werkmeister Lang anhaltende Schwellungen können auf vaskuläre Anomalien verweisen. Das Spektrum reicht von einfachen Malformationen bis zu malignen Tumoren. In diesem Fall blieb die Entität bis zur histologischen Untersuchung im Anschluss an die Resektion weitgehend unklar. Ein 48-jähriger Mann stellte sich in der mund-, kiefer-, gesichtschirurgischen Ambulanz vor aufgrund einer seit anderthalb Jahren größenprogredienten, schmerzhaften Schwellung im Bereich der rechtsseitigen Stirn, wo er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit ein Anpralltrauma mit einem metallischen Gegenstand erlitten hatte (Abbildung 1). Der ansonsten gesunde Patient berichtete von dauerhaften mäßigen Ruheschmerzen, die bereits bei leichter Berührung der Schwellung stark zunahmen. In der klinischen Untersuchung zeigte sich eine harte, unverschiebliche und gut begrenzte Raumforderung. Die sonografische Untersuchung erbrachte keinen wegweisenden Befund, so dass eine Computertomografie (CT) des Mittelgesichts mit Kontrastmittel durchgeführt wurde. Hier konnte eine supraorbital im Os frontale gelegene, glatt begrenzte Raumforderung mit feingranulierter Verkalkung und einer Ausdehnung von circa 2 cm x 2 cm x 1 cm dargestellt werden. Diese überschritt nach ventral bereits die Kortikalis und wurde nach dorsal nur noch durch eine dünne Knochenlamelle von den Meningen abgegrenzt. Insgesamt passte der Befund CT-morphologisch zu einem Kalottenhämangiom, differenzialdiagnostisch war auch ein Eosinophiles Granulom möglich (Abbildungen 2 bis 4). Die anschließend aufgrund der Verdachtsdiagnose durchgeführte Digitale Subtraktionsangiografie (DSA) zeigte einen fokalen Nidus unklarer Entität, der arteriell hauptsächlich über das Stromgebiet der A. carotis externa gespeist wurde (Abbildungen 5 und 6). Nach Vorstellung in einer interdisziplinären Fallkonferenz des Kopf-HalsZentrums wurde eine Resektion der Raumforderung über einen bikoronaren Zugang in einer kombiniert mund-, kiefer-, gesichtschirurgisch-neurochirurgischen Operation durchgeführt. Die knöcherne Defektdeckung erfolgte miteinemTabula-externa-Transplantat, das vom Os parietale entnommen und mit einer Miniplattenosteosynthese fixiert wurde. Das histomorphologische Bild war am ehesten mit einem kavernösen Hämangiom vereinbar. Die Möglichkeit einer endovaskulären Therapie (zum Beispiel Coiling) war aus radiologischer Sicht nicht gegeben. Diskussion In der täglichen klinischen Praxis wird der Begriff „Hämangiom“ oft synonym zur vaskulären Anomalie (VA) gebraucht. Diese Terminologie ist unvollAbb. 1a: Klinische Ausgangssituation: Im Seitenvergleich ist die supraorbitale Raumforderung rechts deutlich zu erkennen. Foto: Philipp Becker Abb. 1b: Die Seitenansicht zeigt die ventrale Ausdehnung der Raumforderung. Foto: Philipp Becker

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