Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 7

42 | ZAHNMEDIZIN den parodontalen Gesundheitszustand bereits vor Behandlungsbeginn berücksichtigen soll. Bei Vorliegen einer parodontalen Erkrankung soll außerdem eine adäquate Parodontaltherapie entsprechend der Leitlinie „Die Behandlung von Parodontitis Stadium I bis III“ erfolgen. Dies gilt grundsätzlich für alle Patientengruppen, ist aber für Patienten mit diabetischer Stoffwechsellage vor Implantatinsertion hervorzuheben. Periimplantäre Infektionen nach Implantatinsertionen spielen gerade bei einem vorliegenden Diabetes eine relevante Rolle. Der unmittelbare Einfluss von Diabetes mellitus auf die Entstehung periimplantärer Infektionen ist aufgrund einer heterogenen Datenlage zwar unklar, im zeitlichen Verlauf scheint jedoch das Risiko für periimplantäre Infektionen anzusteigen. Die Leitlinie empfiehlt, dass Patienten mit einem Diabetes bereits vor Beginn der Therapie über die Möglichkeit der Entwicklung einer periimplantären Infektion aufgeklärt werden sollten. Empfehlungen für die Therapie Die Leitlinie gibt konsentierte Empfehlungen zum perioperativen Management bei Diabetikern. So sollte die perioperative Anwendung einer desinfizierenden Mundspülung erfolgen. Zudem wird die präoperative, prophylaktische Einmalgabe eines Antibiotikums empfohlen. In der Literatur finden sich keine Hinweise darauf, dass Augmentationsverfahren wie guided bone regeneration und Sinuslift eine höhere Komplikations- und Fehlerrate bei Patienten mit gut eingestelltem Diabetes mellitus im Vergleich zu Patienten ohne Diabetes mellitus aufweisen. Patienten mit einem schlecht eingestellten Diabetes mellitus scheinen eine verzögerte Osseointegration nach der Implantation aufzuweisen, deshalb sollte die Indikation für eine Sofortund Frühbelastung insbesondere bei diesen Patienten besonders kritisch gestellt werden. Die Angaben zur Osseointegration bei Patienten mit einem gut eingestelltem Diabetes mellitus sind sehr heterogen. Nach einem Jahr scheint es jedoch keinen Unterschied in der Implantatstabilität zwischen Diabetikern und gesunden Personen zugeben. Insgesamt zeigen sich keine signifikanten Unterschiede der Überlebensraten in den ersten Jahren bei Patienten mit Diabetes mellitus im Vergleich zur gesunden Vergleichsgruppe. Im Langzeitverlauf scheint das Risiko für einen Implantatverlust jedoch weiterhin erhöht zu sein. Dementsprechend sollte eine risikoorientierte Nachsorge nach der Implantatinsertion erfolgen. Dazu gehört auch, dass der behandelnde Arzt oder Zahnarzt sich über den HbA1c-Wert des Patienten informiert und bei Bedarf weiter ärztlich abklären lässt. Fazit In Zusammenschau der vorhandenen Evidenz lässt sich schlussfolgern, dass die dentale Rehabilitation mit Zahnimplantaten bei Menschen mit intermediär erhöhten Blutzuckerwerten und Diabetes mellitus bei korrekter Indikationsstellung und einem risikoorientierten Vorgehen ein sicheres und vorhersagbares Verfahren ist. In diesem Zusammenhang sollte Diabetes mellitus als ein potenzieller Risikoindikator für eine verzögerte Osseointegration, für das Auftreten periimplantärer Entzündungen und für ein geringeres langfristiges Implantatüberleben eingestuft werden und dies in der Patientenkommunikation, bei der Therapieentscheidung sowie bei der Nachsorge berücksichtigt werden. Die Leitlinie ist auf der Webseite der DGZMK veröffentlicht: www.dgzmk. de/leitlinien. Dr. Juliane Wagner, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel juliane.wagner@uksh.de Foto: UKSH PD Dr. Dr. Hendrik Naujokat, FEBOMFS Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel Foto: UKSH Prof. Dr. Dr. Jörg Wiltfang, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel Foto: UKSH zm113 Nr. 07, 01.04.2023, (536)

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