Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 7

zm113 Nr. 07, 01.04.2023, (550) 56 | GESELLSCHAFT palliativen Verwendung unterlag [Zahnärztliche Mitteilungen, 2017]. Prothesen kamen mit den Etruskern und Ägyptern auf Die Etrusker waren eine Gruppe von Bauern, die sich zu einer städtischen Bevölkerung von Handwerkern, Händlern und Seefahrern entwickelten und in einem Netzwerk von Städten lebten. Im 8. und im 9. Jahrhundert vor unserer Zeit beherrschten sie das Mittelmeergebiet um Italien. In der Geschichte der Zahnmedizin sind sie vor allem für ihre kunstfertig hergestellten Zahnprothesen aus Gold bekannt, wie man sie parallel auch von den Ägyptern kennt [Loevy/Kowitz, 1999] Als Goldschmiedekünstler nutzen die Etrusker gezielt ihr Wissen über die Gewinnung und Verhüttung von Eisen bei der Herstellung ihrer kostbaren Prothesen. Während sich die Maya grüne Halbedelsteine wie Jade oder Türkise in ihre Frontzähne implantieren ließen, um auf eine gute Ernte hoffen zu dürfen [Williams/White, 2006, 141]. Zahnerkrankungen zu behandeln ist keine neuzeitliche Erfindung. Die archäologischen Befunde belegen, dass die Ursprünge einer Art Protozahnmedizin bereits weit in die Früh- und sogar Vorgeschichte zurückzudatieren sind – denn entgegen aller Lehrmeinung hatten bereits die Steinzeitmenschen Zahnprobleme. Die Zeugnisse darüber sind jedoch rar. Doch die Funde zeigen, dass dem Mund und den Zähnen bereits zu dieser Zeit Beachtung geschenkt wurde. Als eines der ältesten schriftlichen Belegstücke für den Wert, den man Zähnen zumaß, gilt der Codex Hammurabi: eine babylonische Sammlung von Rechtssprüchen aus dem 18. Jahrhundert vor unserer Zeit (Abbildung 2). Dort heißt es in den Paragrafen 200 und 201: „Wenn jemand die Zähne eines anderen seinesgleichen herausschlägt, so soll man seine Zähne herausschlagen.“ Und: „Wenn er die Zähne eines Freigelassenen ausgeschlagen hat, so soll er eine halbe Mine Silber zahlen“ [Sudhoff, 1964, zitiert nach Speyer, 2023]. Gemäß dem auch aus dem Thalmud bekannten Prinzip „Auge um Auge – Zahn um Zahn“ war der Wert eines guten Gebisses in der Frühgeschichte also kaum zu unterschätzen [Böhm, 2013]. Zu einer echten Professionalisierung der Zahnmedizin sollte es jedoch erst in der frühen Neuzeit kommen, in der auf die Kunsthandwerker und Schreiner ein spezialisierter Berufsstand mit Wund- und später Zahnärzten folgte [Krischel/Nebe, 2022a; Krischel/Nebe, 2023]. Insgesamt zeigen die Erkenntnisse der Archäologie aus den vergangenen Jahrzehnten aber, dass die Zahnbehandlung keine rein neuzeitliche Erfindung ist. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Oberer Teil einer Stele mit dem Codex Hammurabi: König Hammurabi empfängt von Shamash, dem Sonnengott, in dessen Domäne auch Gerechtigkeit fällt, die Gesetze. Darunter beginnt der Gesetzestext in Keilschrift. Foto: Wikimedia Commons/Rama

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