62 | ZAHNMEDIZIN AUS DER WISSENSCHAFT Konsum von E-Zigaretten fördert parodontalpathogene Keime Elmar Hellwig Es gibt noch wenig Daten, wie Aerosole aus E-Zigaretten auf die Mundschleimhaut und das orale Mikrobiom einwirken. Wissenschaftler US-amerikanischer Universitäten haben nun anhand genetischer Analysemethoden die Effekte auf die bakterielle Flora im Speichel untersucht. Elektronische Zigaretten werden häufig als gesündere Alternative im Vergleich zur normalen Zigarette angepriesen. Während bei den üblichen Zigaretten Rauch durch einen Verbrennungsvorgang entsteht, wird bei E-Zigaretten eine Flüssigkeit erhitzt und anschließend inhaliert. Speziell bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist die E-Zigarette mittlerweile eine sozial akzeptierte Alternative zum normalen Rauchen geworden. Dabei kann auch deren Konsum zu einer Nikotinabhängigkeit führen. Außerdem können in den Flüssigkeiten, die in den Kartuschen der E-Zigaretten vorhanden sind, Bestandteile enthalten sein, die gesundheitsschädlich sind. Dazu zählen Nitrosamine, Propylenglykol, Aldehyde und phenolhaltige Bestandteile. Das Aerosol, das beim Verdampfen entsteht, hat einen direkten Einfluss auf die Mundhöhle. So kann es auch bei E-Zigaretten, bei denen Nikotin im Aerosol vorhanden ist, genauso wie bei traditionellen Zigaretten zu einer Verminderung des Blutflusses der Gingiva kommen. Propylenglykol und pflanzliches Glycerin, die üblicherweise mit Nikotin kombiniert sind, können die Speichelfließrate reduzieren und das Wachstum von dentalem Biofilm beschleunigen. Gleichzeitig kann es dabei zu einer Dysbiose des mikrobiellen Biofilms und einem erhöhten Risiko einer Parodontitis kommen. In der vorliegenden Studie wurde nun untersucht, wie sich die Verwendung von E-Zigaretten auf die orale Umgebung und die parodontale Gesundheit von Parodontitispatienten auswirkt. Material und Methoden Bei parodontalen Kontrolluntersuchungen wurden 119 Patienten rekrutiert, von denen 101 die gesamte Studie durchliefen. Die Patienten wurden zu zwei Besuchen innerhalb von sechs Monaten einbestellt. 32 Personen konsumierten regelmäßig E-Zigaretten (15 mit schwerer Parodontitis, 17 mit moderater beziehungsweise milder Parodontitis), 38 waren Nichtraucher (11 mit schwerer Parodontitis und 27 mit leichter beziehungsweise milder Parodontitis) und 31 Personen rauchten übliche Zigaretten (22 mit schwerer Parodontitis, 9 mit moderater beziehungsweise milder Parodontitis). Bei diesen Patienten wurden während der Kontrolluntersuchungen Speichelproben entnommen und mittels DNA-Extraktion und 16S-rRNA-GenAmplicon-Sequenzierung die bakterielle Zusammensetzung des Speichels (alpha diversity) bestimmt. Zusätzlich wurden der Zytokin- und der Chemokinlevel im Speichel mittels eines Multiplex-Immunoassays bestimmt. Ergebnisse Neben zahlreichen anderen Resultaten konnte in der Studie gezeigt werden, dass die drei Bakteriengattungen Filifactor, Dialister und Treponema (die Pathogene besitzen, die mit einer Parodontalerkrankung assoziiert sind) bei Patienten, die eine schwere Parodontitis aufwiesen und gleichzeitig elektronische Zigaretten rauchten, im Vergleich zur Nichtrauchergruppe signifikant häufiger vorkamen. Zudem lagen auch die Werte von Capnocytophaga, Leptotrichia, Aggregatibacter bei Rauchern und Verwendern von E-Zigaretten signifikant höher. Bei Patienten mit milder und moderater Parodontitis stellten die Forscher im Vergleich zu Nichtrauchern eine Veränderung der Bakterienflora für Raucher und Verwender von E-Zigaretten fest. Insgesamt gesehen war die Verteilung von parodontalpathogenen Mikroorganismen bei Verwendern einer E-Zigarette und normalen Rauchern sehr ähnlich. Die Ergebnisse der Zytokinmessung deuten darauf hin, dass die regelmäßige Verwendung von E-Zigaretten die Zytokinwerte Prof. Dr. Elmar Hellwig, Universitätsklinikum Freiburg, Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg Foto: privat ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. zm113 Nr. 07, 01.04.2023, (556)
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