zm113 Nr. 07, 01.04.2023, (563) ZAHNMEDIZIN | 69 nötigt wird. In der Übergangsphase bis zur Fertigstellung des neuen Obturators steht der alte dem Patienten aber selbstverständlich als Verschluss zur Verfügung. Nach Einsetzen des neuen Obturators muss im Anschluss oft auch der Zahnersatz angepasst werden (Unterfütterung im Übergangsbereich Obturator–Prothese), was einen zusätzlichen Behandlungsschritt bedeutet. Obturator-Prothese Bei einer Obturator-Prothese (Abbildung 2) erfolgt der Defektverschluss mittels hartem Acrylat-Prothesenkunststoff. Sie kann im Zenit offenoder geschlossen gestaltet sein. Der Halt wird über Klammern, Teleskope oder eine implantatgetragene Verankerung erzielt. Bei vollständiger Zahnlosigkeit ist eine Obturator-Prothese nicht zu empfehlen, da der gewöhnlich genutzte Saugeffekt nicht hergestellt werden kann. Bei zahnlosen Patienten, die keine Implantate erhalten können oder sollen, ist es sogar empfehlenswert, den Defekt nicht zu rekonstruieren, damit Unterschnitte für einen Silikon-Obturator genutzt werden können. Die Handhabung und Reinigung einer Obturator-Prothese ist selbst bei kompromittiertem Geschick einfach und eine Unterfütterung ist wie bei einer herkömmlichen Prothese gut durchzuführen. Zu bedenken ist hier, dass der Patient funktionell stark eingeschränkt wird, wenn die Prothese im zahntechnischen Labor angepasst werden muss. Bei ausgedehnten Defekten kann eine Obturator-Prothese sehr groß werden. Dies erschwert bei eingeschränkter Mundöffnung oft die Eingliederung, weshalb hier gegebenenfalls geteilt werden muss. Eine Verbindung der Einzelteile kann über Riegel, Zapfen oder Magnete erfolgen. Bei bestrahlten Tumorpatienten ist das Entstehen von Druckstellen durch die Nutzung eines harten Prothesenkunstoffs ein Risiko, das beachtet werden muss. Die technischen Schritte der Abformung sind für eine Obturator-Prothese und einen Silikon-Obturator gleich. Als Zeitpunkt für die Abformung ist der Zeitraum von vier bis sechs Wochen nach der Tumoroperation zu empfehlen, da sich der Defekt in den ersten Wochen am meisten verändert. Mit Einbringen eines Wendel-Tubus zur Sicherung der Atemwege, lässt sich der Defekt ohne Probleme abformen (Abbildung 3). Jener verhindert auch, dass der spätere Silikon-Obturator die Atemwege nicht verlegt. Speziell visköses Silikon-Abformmaterial („Laborsilikon Orange“, 12 Shore A, Institut für Anaplastologie Schilling, Würzburg, Deutschland) verhindert ebenfalls, dass die Abformmasse in Richtung des Pharynx fließt. Nach der Defektabformung können die herkömmlichen Arbeitsschritte für einen Zahnersatz (als Zusatz zum Silikon-Obturator oder zur Herstellung einer Obturator-Prothese) erfolgen. Fazit Zusammenfassend ist die Herstellung eines Silikon-Obturators oder einer Obturator-Prothese seitens der zahnärztlichen Arbeitsschritte grundsätzlich nicht sehr komplex. Die Defektabformung erfordert etwas Übung und das Wissen zur Vermeidung von Aspiration. Für die anfängliche Behandlung nach der Tumoroperation empfiehlt sich eher die Behandlung in einer spezialisierten Klinik. Die Klinik für Zahnärztliche Prothetik des Universitätsklinikums Freiburg hat für betroffene Patienten eine Sprechstunde zur prothetischen Tumorrehabilitation eingerichtet, in der die interdisziplinären Behandlungsschritte mit dem Patienten besprochen, koordiniert und durchgeführt werden. Die weitere Nachsorge nach Herstellung des Obturators sollte nach Möglichkeit im niedergelassenen Bereich beim Hauszahnarzt erfolgen, um gegebenenfalls weite Anfahrtswege der Patienten zu reduzieren. Sie sollte im Rahmen eines regelmäßigen und anfangs sehr engmaschigen Recalls stattfinden. Besonderes Augenmerk ist auf Druckstellen, besonders bei bestrahlten Patienten, und eine gute Mundhygiene zu richten. Bei Komplikationen und Schwierigkeiten im Hinblick auf die Dichtigkeit sollte die Überweisung zurück in die spezialisierte Klinik erfolgen. Die Entscheidung für oder gegen eine Variante muss patientenindividuell anhand der Defektkonstellation und der vorhandenen Dentition getroffenwerden. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Abb. 3: Abformung des Defektes mit (A) eingeführten Wendel-Tuben, (B) Ansicht der Wendel-Tuben von extraoral, (C) Abformung mit Impression der Wendel-Tuben im Abformmaterial. Fotos: Olivia Höfer A C B
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