Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 9

PRAXIS | 21 Immer schon mussten sich Ältere und Jüngere aufeinander einstellen und zusammenarbeiten. Sie sagen, die meisten Praxisinhaber können die Wünsche und Bedürfnisse dieser Generation nicht richtig einschätzen und in der Folge nicht adäquat auf sie eingehen. Wie meinen Sie das? Haben Sie Beispiele? Da prallen im wahrsten Sinne WerteWelten aufeinander. Die Gen Z ist mitnichten faul oder orientierungslos. Sie geht nur anders an Dinge heran. Allem voran rate ich: Versuchen Sie sich in die jungen Leute hineinzuversetzen. Was bewegt sie, was verunsichert sie, was stärkt sie im Berufsalltag? Ich höre und beobachte zunehmend in den Praxen, die ich betreue, dass da wenig Verständnis, Güte oder Offenheit für die Jüngeren vorhanden sind. Die eigenen Erwartungen, der eigene Arbeitsethos werden auf sie übertragen, obwohl sie anders fühlen und denken. Machen Sie nicht dicht und denken: „Das war bei uns früher anders. So haben wir das nicht gemacht.“ Sicher nicht! Die Zeiten haben sich geändert und mit ihnen die Menschen. Sprechen Sie mit ihnen, signalisieren Sie Interesse, zeigen Perspektiven im Berufsalltag auf und gehen Sie mit, anstatt sie oder sich abzugrenzen. Ich rate konkret zu einer jährlichen Mitarbeiterumfrage und auch dazu, mindestens einmal im Jahr ein Mitarbeitergespräch zu führen, um Feedback zu bekommen. Das hilft, eine Idee von den jüngeren Mitarbeitenden zu erhalten. Und was auch Sinn macht, ist ihnen Aufgaben zu übertragen, die ihnen besonders liegen, wie etwa den Instagram-Kanal zu pflegen und Ideen für dessen Inhalte zu entwickeln. Wie gelingt es, die Gen Z als Nachwuchs zu erreichen? Es sind neue Strategien im Personalbereich notwendig – nicht zuletzt, damit auch für die Zukunft ein Wettbewerbsvorteil gesichert werden kann. Zahnarztpraxen müssen also ihre Mitarbeiter-Akquise überdenken und an die Vorstellungen und Wünsche der aktuellen Generation anpassen. Auch die Ansprache vom Nachwuchs sollte entsprechend adaptiert werden. Diese hat sich natürlich auf die digitalen Kanäle verschoben. Stichwort Branding: Imagefilme oder -postings sind wichtig, die auf Social-Media-Kanälen wie Instagram, TikTok und Facebook sowie auf der eigenen Website oder in Stellenanzeigen hochgeladen werden können. Darin sollten die Werte, die Mentalität und das Arbeitsklima authentisch rüberkommen. Das sehen sich die jungen Leute heute nämlich ganz genau an, fühlen sich bei Probearbeiten sehr penibel ein und zögern nicht, Tschüss zu sagen, wenn sie kein gutes Gefühl haben. Ich zähle hier mal die wichtigsten Punkte auf: Work-Life-Balance: Bieten Sie nach Möglichkeit flexible Arbeitszeiten, an und darüber hinaus vielleicht sogar Remote-Work. Eine Möglichkeit, die Zufriedenheit der jungen Mitarbeiter zu erhöhen, ist es, ihnen Freiheiten bei der Arbeitszeitgestaltung zu geben und dabei Vertrauen in deren Arbeitsmoral zuhaben. Weiterbildungsmöglichkeiten: Die Gen Z ist überaus zukunftsorientiert und möchte sich in ihrem Beruf weiterentwickeln. Dazu gehören regelmäßige Fortbildungen und Schulungen, um ihre Fähigkeiten zu verbessern und auf dem neuesten Stand zu bleiben. Zahnarztpraxen sollten das als Chance sehen und regelmäßig Angebote machen, um zu fördern und Kompetenzen zu erweitern. Hier gibt es inzwischen niedrigschwellige und barrierefreie Fortbildungen, die keinen Rüstaufwand mit sich bringen und jeder Zeit online und damit ortsunabhängig wahrgenommen werden können. Die Einheiten sind heute deutlich kürzer konzipiert, damit die jungen Menschen „dran bleiben“. Also rate ich, bieten Sie das Lernen durchaus in der Arbeitszeit an. Diese Investition wird sich auf lange Sicht auszahlen, weil die Praxis auf dem neuesten Stand bleibt und die Angestellten motiviert und zufrieden sind. Wirklich relevant für die Bindung sind die Aussichten auf Aufstiegsmöglichkeiten. Fragen Sie dafür nach, wie der persönliche Entwicklungsstand empfunden wird und wie er werden soll. Dann ist noch die flexible Arbeitsumgebungwichtig: Die Gen Z ist ja mit Technologie aufgewachsen und legt großen Wert auf eine moderne Arbeitsumgebung, in der sie ihre Arbeit auf die bestmögliche Art und Weise erledigen kann. Die Technologie sollte nicht nur aktuell sein, sondern auch flexibel genug, um den sich ändernden Anforderungen gerecht zu werden. Eine moderne Arbeitsumgebung kann auch dazu beitragen, jüngere Mitarbeitende anzuziehen. Die Gen Z nimmt nämDIE GEN Z KOMMT Für die Generation Z, kurz Gen Z, stehen der Sinn ihrer Arbeit, die Selbstentwicklung und das Erreichen von Zielen an erster Stelle. Das geht aus der Trendstudie „Jugend in Deutschland – Winter 2022/23“ hervor. Die Gen Z sind junge Menschen, die zwischen 1995 und 2012 geboren sind und nun in den Arbeitsmarkt strömen. Sie sind die ersten, die komplett mit den digitalen Medien aufgewachsen und von ihnen maßgeblich geprägt sind. Sie haben ihren Fokus noch stärker auf die Work-Life-Balance gelegt, mit flexiblen Arbeitszeiten und Zeit für Hobbys, Freunde und Familie. Raum für Verwirklichung ihrer Ideen sei ihnen wichtiger, Verlustängste haben sie kaum, heißt es im Fazit der Studie. Für Arbeitgeber gilt: Sie müssen sich auf die neue Generation einstellen, sie abholen und an sich binden. Dipl. Kfm. Christian Henrici ist Gründer und Geschäftsführer der OPTI health consulting GmbH, die nach eigenen Angaben seit 2006 rund 3.000 Zahnarztpraxen in Deutschland beraten hat. Foto: privat zm113 Nr. 09, 01.05.2023, (711)

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