Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 10

46 | ZAHNMEDIZIN zm113 Nr. 10, 16.05.2023, (840) dünnen Dentinwände im zervikalen Bereich nicht adhäsiv stabilisiert werden können (Abbildung 6). Apikaler Verschluss mit hydraulischem Kalziumsilikatzement (apikaler Plug): Diese Therapie hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten in vielen endodontischen Praxen zum Standardverfahren entwickelt. Hierbei wird nach adäquater Desinfektion des Wurzelkanalsystems ein biokompatibler hydraulischer Kalziumsilikatzement (zum Beispiel MTA) in einer Schichtstärke von circa 4 mm in direktem Kontakt mit den periapikalen Geweben eingebracht. Der restliche Wurzelkanal wird vorzugsweise mit Sealer und erwärmter Guttapercha gefüllt. Der anschließende Verschluss mit Komposit sollte tief genug eingebracht werden, um die zervikalen Kanalbereiche adhäsiv zu stabilisieren und einer Fraktur vorzubeugen (Abbildung 7). Die Erfolgsquoten für den apikalen Verschluss mit MTA liegen nach über vier bis acht Jahren bei über 90 Prozent [Mente et al., 2013; Re und Schwartz, 2017]. Der Nachteil des MTA-Plugs besteht in der erschwerten Entfernbarkeit im Fall einer notwendigen Revision. Die Behandlung ist im Vergleich zur Apexifikation mit Kalziumhydroxid aufwendiger und erfordert optische Vergrößerungshilfen für eine optimale Durchführung. Revitalisierung: Nach gründlicher Desinfektion des Wurzelkanalsystems wird durch mechanische Provokation des apikalen Gewebes eine Blutung in den Kanal induziert, um mesenchymale Stammzellen aus der apikalen Papille in den Wurzelkanal einzuschwemmen, die neues Hart- und Weichgewebe im Wurzelkanal bilden können [Galler et al., 2016]. Das Blutkoagulum wird im zervikalen Wurzelkanalbereich mit einer Kollagenmatrix und anschließend mit einem hydraulischen Kalziumsilikatzement abgedeckt. Die Zugangskavität wird mit Komposit adhäsiv verschlossen. Die Erfolgsquoten nach Revitalisierung hinsichtlich der Ausheilung periapikaler Entzündungen entsprechen denjenigen nach apikalem Verschluss [Torabinejad et al., 2017]. Darüber hinaus ist eine Stärkung der fragilen Wurzelwände durch Fortschritt des Wurzelwachstums möglich (Abbildung 8), aber nicht sicher vorhersagbar [Kahler et al., 2017]. Eine Revitalisierungsbehandlung kann im Vergleich zur Apexifikation mit Kalziumhydroxid als aufwendiger angesehen werden. Abb. 7: Apikaler Plug: a: Messaufnahme, b: Kontrolle der apikalen Barriere mit MTA, c: warme vertikale Verdichtung mit Guttapercha, d: Abschlussröntgenbild nach tiefer adhäsiver Füllung Foto: Gabriel Krastl a c d b Abb. 8: Revitalisierung des Zahns 21 bei Pulpanekrose nach Kronenfraktur: a: Ausgangsröntgenbild mit apikaler Parodontitis bei nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum, b: Kontrollröntgenbild nach zwölf Monaten ohne Entzündungszeichen mit Abschluss des Wurzelwachstums, c: Kontrollröntgenbild nach 18 Monaten, d: Kontrollröntgenbild nach zwei Jahren, e: Kontrollröntgenbild nach fünf Jahren Foto: Matthias Widbiller a c d b e Empfehlung klinische Diagnostik Empfehlungsgrad Konsensbasierte Empfehlung: Die klinische Untersuchungsollte nach dem Grundprinzip „Hartgewebe vor Weichgewebe“ und „von innen nach außen“ jeweils mit Inspektion, Palpation und Funktionsprüfung erfolgen. Die Inspektion sollte die gesamte Mundhöhle umfassen. Konsensstärke: starker Konsens (Zustimmung von > 95 Prozent der Teilnehmer)

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