Die Schlagzeile macht einen erst einmal nachdenklich: „Praxisübernahme durch Investor: ein Drittel der Ärzte wäre interessiert“ – so lautet die Überschrift über einer neuen Studie der Stiftung Gesundheit. Haben wir also selbst Schuld an der Misere um die Investoren-MVZ, die sich seit der Gesetzesänderung 2015 mit atemberaubender Geschwindigkeit über das Land verteilen? Wenn man in die Studie einsteigt, zeigt sich allerdings, dass „nur“ 14,8 Prozent der befragten Praxen überhaupt schon einmal ein Angebot eines Investors vorliegen hatten. Alle anderen waren offenbar nicht geeignet, die Wünsche der Investoren zu befriedigen, sei es mangels Größe oder ausreichender Gewinnmargen. Von den Ärztinnen und Ärzten, die bereits ein Angebot bekommen haben, zeigt sich gut ein Drittel aufgeschlossen für eine Praxisübernahme durch Investoren, aber nur 8,5 Prozent haben das ihnen vorgelegte Angebot angenommen.Offenbar wirken das Kleingedruckte, das einen meist für viele Jahre als Angestellter an den Investor fesselt, und häufig auch die abzugebenden Umsatz- oder gar Gewinngarantien ziemlich abschreckend. Manche, die gut rechnen können, fragen sich, warum sie noch drei, vier oder fünf Jahre unter verschärften Bedingungen in ihrer eigenen Praxis stramm arbeiten sollen, um in dieser Zeit die Rendite des Investors zu erwirtschaften, die ansonsten in die eigene Tasche geflossen wäre. Insgesamt hat damit erst ein Prozent der niedergelassenen Ärzte und Zahnärzte ihre Praxis bereits an einen Investor verkauft. Das hört sich nach wenig an. Wenn man aber sieht, mit welcher Dynamik die iMVZ sich in den letzten Jahren ausgebreitet haben, und man bedenkt, dass es sich bei den iMVZ fast ausnahmslos um große Strukturen mit vielen angestellten Kolleginnen und Kollegen handelt, kann man sich große Sorgen um die zahnärztliche Versorgung in unserem Land in 10 oder 15 Jahren machen. Rendite schlägt Ethik und indikationsgerechte Zahnmedizin? In diesen Wochen nun erreicht die Gesundheitspolitiker der Ampelparteien in Berlin eine beispiellose Lobbyoffensive der Investoren, die viel Geld in die Hand nehmen, um ihren Geschäften weiter ungestört nachgehen zu können. Verglichen mit den von ihnen erwarteten Renditen sind das allerdings die vielzitierten „Peanuts“ – dennoch können wir als zahnärztliche Körperschaften und Verbände da finanziell nicht ansatzweise mithalten und uns weder teure Auftragsgutachten schreiben lassen noch prominente selbsternannte „Experten“ in den Medien platzieren. Besonders die FDP scheint in einer Zerreißprobe zu sein. Ein iMVZ-kritischer Antrag der Bundesfachkommission Gesundheit wurde aus Zeitmangel beim Bundesparteitag nicht mehr diskutiert und liegt jetzt beim Bundesvorstand um Christian Lindner, der sich dieses Thema sicherlich ungefähr so herbeigewünscht hat wie eine Sommergrippe. Nun muss die FDP Farbe bekennen und dürfte sich schwer damit tun, den Praxen mit ihrem Personal – darunter viele FDPWähler – in den Rücken zu fallen, auch wenn der Wirtschaftsflügel es mit den Investoren hält. Es erstaunt ohnehin, dass die Politik so naiv ist, den Versprechungen von Private Equity & Co. zu glauben, dass es amerikanischen oder arabischen Investoren ein Herzensanliegen ist, die Work-Life-Balance der jungen in iMVZ tätigen Kolleginnen und Kollegen in Deutschland zu fördern und unsere Patienten mit herausragender Zahnmedizin zu beglücken. Egal, wie die Politik entscheidet, eines machtHoffnung. Ein frustrierter, in einem iMVZ tätiger junger Kollege sagte mir: „Ich glaube, die erledigen sich irgendwann von selbst, denn lange hält es da keiner aus. Ich war mit 18 Monaten – von den 'Oberärzten' abgesehen – der dienstälteste Zahnarzt dort. Das Ganze hat keine Zukunft.“ Ichhoffe, der Kollege behält recht. Besser wäre allerdings, die Politik bereitet dem Spuk ein schnelles Ende, ohne sich von den Lobby-Millionen der Investoren beeindrucken und umstimmen zu lassen. Unser Gesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach hat Dezember 2022 das „letzte schöne Weihnachten für die Investoren“ angekündigt. Ich hoffe, er hält Wort. Konstantin von Laffert Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer Lesen Sie mehr zum Thema iMVZ auf S. 12. Lauterbach muss jetzt liefern! 6 | LEITARTIKEL
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