Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 10

GESELLSCHAFT | 83 Gesamtbevölkerung. Als Ursachen gelten die Überalterung, aber auch, dass es vergleichsweise extrem wenig Krankenhausbetten gibt. In den vergangenen 30 Jahren hat sich deren Zahl in England mehr als halbiert, von rund 299.000 im Jahr 1987 auf 141.000 im Jahr 2019, berichtet der King's Fund, ein unabhängiger britischer Thinktank. Aufgrund des rigiden Sparkurses sind die Gesundheitsausgaben extrem gesunken 2021 hatte das Vereinigte Königreich weniger Krankenhausbetten pro 1.000 Einwohner als fast jedes andere der 38 Mitgliedsländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Nach den jüngsten Zahlen der Organisation sind es 2,3 – zum Vergleich: In den USA sind es 2,8, in Frankreich 5,7 in Deutschland 7,8 und in Japan 12,6. Geringer als in Großbritannien ist die Quote nur in Schweden (2,0), Chile (1,9), Kolumbien (1,7), Costa Rica (1,2) und Mexiko (1,0). Laut einer Analyse der Health Foundation lagen die durchschnittlichen täglichen Gesundheitsausgaben dank des extremen Sparkurses der Regierung zwischen 2010 und 2019 bei 3.005 Pfund pro Person und Jahr – das sind rund 18 Prozent weniger als der Durchschnittswert der EU14, also jenen Ländern, die der Europäischen Union vor 2004 beigetreten sind. Weniger gaben nur Italien (2.517), Spanien (2.369), Portugal (2.130) und Griechenland (1.756) im selben Zeitraumaus. Der britische Gesundheitsminister Steve Barclay zeigt kein Verständnis für die Arbeitskämpfe der Ärzte. Er finde es bedauerlich, dass sich die jungen Ärzte entschieden hätten, nach Ostern zu streiken, um „maximale Störungen“ zu verursachen. Barclay beteuerte, er wolle einen Deal, der die Gehälter der jungen Ärzte erhöht und Frust abbaut, aber dies würde eine „sinnvolle Bewegung“ der Gegenseite erfordern. Die aktuelle Forderung der MedizinerInnen sei schlicht nicht zu finanzieren, lautet Barclays Fazit. mg zm113 Nr. 10, 16.05.2023, (877) SEHEN KRANKENSCHWESTERN IM NHS EINE ZUKUNFT? Laut der britischen Stiftung Health Foundation entfallen mehr als ein Drittel der unbesetzten Vollzeitstellen im NHS auf Krankenschwestern. Mehr als drei Viertel (78 Prozent) der in Großbritannien beschäftigten Krankenschwestern sind im NHS tätig. Auswertungen zeigen, dass 38 Prozent derjenigen, die den NHS verlassen, ihrem Job treu bleiben, aber zu privaten Dienstleistern wechseln. Weitere 38 Prozent bleiben im erweiterten Gesundheitsbereich tätig – und nur 24 Prozent wechseln in fachfremde Branchen. Nach wochenlangen Streiks gibt es inzwischen einen Tarifabschluss für mehr als eine Million NHS-Mitarbeiter in England, berichtet die BBC. Sie sollen eine Gehaltserhöhung von 5 Prozent sowie eine Einmalzahlung von mindestens 1.655 Britischen Pfund erhalten, heißt es. Der Deal gilt für Krankenschwestern und -Pfleger, KrankenwagenfahrerInnen, Physiotherapeuten und Träger. Der Tarifvertrag wurde bei einem Treffen zwischen der Regierung und 14 Gesundheitsgewerkschaften unterzeichnet, die alle NHS-Mitarbeiter außer Ärzte und Zahnärzte vertreten. Das Royal College of Nursing (RCN), eine Gewerkschaft für Gesundheitsfachkräfte hat das Angebot der Regierung abgelehnt und angekündigt, die Streiks fortzusetzen. REFORM DER NHS-ZAHNMEDIZIN WIRD DISKUTIERT Regelmäßig gibt es Medienberichte aus dem Vereinigten Königreich, die eine enorme Mangelversorgung im zahnärztlichen Bereich beschreiben (die zm berichteten). Das seit Jahren unterfinanzierte System leidet demnach doppelt unter den Folgen der COVID-Pandemie: Zum einen gibt es einen erheblichen Behandlungsrückstand, zum anderen klagen die NHS-Praxen über eine enorme Finanzierungslücke. Einer BBC-Recherche aus dem April 2023 zufolge nehmen aktuell neun von zehn NHS-Zahnarztpraxen im Vereinigten Königreich keine neuen erwachsenen Patienten mehr zur Behandlung an, für Kinder gilt dies in acht von zehn Praxen. Und in einem Drittel der mehr als 200 Gemeindebezirke Großbritanniens gibt es laut Bericht einen totalen NeupatientenStopp bei NHS-Zahnärzten. Teile der Regierung haben nun eingeräumt, dass die NHSZahnheilkunde in England komplett überarbeitet werden muss. Die Zeit für kleine Änderungen am System sei vorbei und eine tiefgehende Reform erforderlich. Das Gesamtniveau der NHS-Zahnheilkunde soll dadurch gesteigert werden, heißt es vage – vor allem aber soll Arbeit im NHS attraktiver gemacht werden. Die Verbesserung des NHS-Zugangs hat nicht nur Priorität, zitiert die BBC das britische Gesundheitsministerium, offenbar gibt es auch ein Budget von zusätzlich 50 Millionen Pfund für den „Abbau von COVID-Rückständen“, das dafür verwendet werden könnte. Die British Dental Association (BDA) kritisierte indes die ständig steigenden Zuzahlungen für NHS-Patienten. Eine vom Verband beim Meinungsforschungsinstitut YouGov in Auftrag gegebene Umfrage zeige, dass fast ein Viertel der Erwachsenen in England (23 Prozent) ihre zahnärztlichen Behandlungen im NHS aus Kostengründen verzögern oder vernachlässigen. Und 45 Prozent geben laut BDA an, dass der Preis ihre Wahl der Behandlung beeinflusst – den klinischen Empfehlungen ihres Zahnarztes folgen hingegen nur 36 Prozent.

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