Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 11

44 | ZAHNMEDIZIN zm113 Nr. 11, 01.06.2023, (942) Resorption auftritt. Im Rahmen der klinischen Untersuchung imponiert der betroffene Zahn aufgrund der Ankylose mit einem metallischen (hellen) Klopfschall. Röntgenologisch lassen sich Resorptionslakunen an der Wurzeloberfläche erkennen. Bei progressiver Resorption und Infraposition des betroffenen Zahnes in Relation zur Restdentition kann eine Dekoronation indiziert sein [Malmgren et al., 2015] (Abbildung 2). Das Ziel der Dekoronation ist es, die klinische Krone unter Belassung der resorbierenden Wurzel zu entfernen, damit der Alveolarknochen aufgrund der Knochenneubildung bei Ersatzresorption erhalten und eine optimale Voraussetzung für spätere Interventionen gegeben werden kann [Malmgren et al., 2006]. Bei Patienten im Wachstum kann die Dekoronation eine sinnvolle Therapieoption darstellen, um den teils erheblichen Knochenverlust in Verbindung mit der chirurgischen Entfernung der ankylosierten Zahnwurzel zu vermeiden (Empfehlung 60). Chirurgische Anluxation Die chirurgische Anluxation ankylosierter Zähne ist als Therapieoption für Fälle beschrieben worden, in denen ein in Infraposition geratener, erhaltungswürdiger ankylosierter Zahn bei noch zu erwartendem Kieferwachstum wieder in Okklusionsposition gestellt werden soll [Huth et al., 2013; Nolte, 2022]. Voraussetzung für diese Maßnahme ist, dass die Zahnkrone und die Zahnwurzel noch nicht durch die Ersatzresorption aufgelöst sind. DieTechnikfindetauchAnwendungbei EruptionsstörungenvonZähnen,wenn die kieferorthopädische Bracketierung und die Extrusion von verlagerten Zähnen ohne Erfolg waren. Sie darf begrifflich nicht verwechselt werden mit der Technik der chirurgischen Extrusion, auch als intraalveoläre Transposition bezeichnet, bei der nach einer KronenWurzel-Fraktur mit dem Verlust des koronalen Anteils die Restwurzel extrahiert, replantiert und in einer weiter koronal gelegenen Position wieder geschient wird [Plotino et al., 2021]. Die chirurgische Extrusion wird in Teil 3 „Restaurative Aspekte“ dieser Fortbildungsreihe abgehandelt. Zeitnah nach der chirurgischen Anluxation ist eine sich anschließende kieferorthopädische Extrusion in derartigen Fällen wünschenswert, weil dadurch der fehlende Alveolarknochen und die fehlende Gingiva augmentiert werden können. Nichtsdestotrotz ist in der Mehrzahl der Fälle mit einer erAbb. 2: Falldarstellung eines Patientenfalls nach Avulsion des Zahns 21 und bestehender Ankylose (Zahn 21) und Resorption der Wurzeloberfläche (Zähne 11 und 21): A) klinischer Zustand bei Infraposition des Zahnes 21, B) nach Entfernung der Krone und Reduktion der Wurzel unterhalb des Alveolenrandes, C) nach Versorgung der Wunde mit einem freien Schleimhauttransplantat, D) nach postoperativer Eingliederung der provisorischen Lückenversorgung, E) präoperatives Röntgenbild der Zähne 11 und 21, F) radiologische Kontrolle nach sechs Monaten, G) radiologische Kontrolle nach neun Monaten Foto: Henrik Dommisch Abb. 3: Chirurgische Anluxation 11 bei einem achtjährigem Jungen. Anamnestisch war (auf Nachfrage) zu erfahren, dass ein Zahntrauma im Alter von vier Jahren mit Intrusion der Milchzähne 51 und 52 stattgefunden hatte. Die Diagnose lautet auf Durchbruchsstörung des Zahns 21 als traumatische Spätfolge bei Dilazerationsverletzung im Milchgebiss. A) Zahnlücke. 11 B) Ausschnitt OPG: nach kranial dislozierte und deformierte Zahnkrone 11 zu erkennen. C) Zustand nach chirurgischer Anluxation 11 mit Fixation durch einarmige DK-Schiene am 21 vor Wundverschluss. D) Ausschnitt OPG: DK-Schiene erkennbar mit deutlicher Infraposition des anluxierten Zahns 11. E) 1,5 Jahre post-OP: Man beachte das Weichgewebs-Plus gegenüber 21. F) Ausschnitt OPG 1,5 Jahre postOP: Die dilazerierte Zahnwurzel projiziert sich verkürzt und röntgenoptisch verdichtet. Auf eine endodontische Therapie wurde verzichtet aufgrund des Zahnalters (offener Apex). G) 5,5 Jahre post-OP: Einbeziehung des anluxierten Zahns 11 in die kieferorthopädische Behandlung. Sens +, keine Ankylose, Schneidekanten 11, 21 nun symmetrisch, Weichgewebs-Plus. H) Ausschnitt OPG 5,5 Jahre post-OP: interne Wurzelobliteration im apikalen Wurzeldrittel als vitales Zeichen erkennbar. Foto: Dirk Nolte A E C G D H B F

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