Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 11

46 | ZAHNMEDIZIN zm113 Nr. 11, 01.06.2023, (944) 2007; Pohl et al., 2008; Michl et al., 2017; Hoss et al., 2021]. Die Methode erfreut sich zunehmender Beliebtheit, weil das Verfahren einfach ist und hohe Erfolgsquoten hat (parodontal: nur selten Ankylose, endodontisch: hohe Revaskularisationsquote). Von Vorteil ist die schnelle Versorgung der Lücke mit einem natürlichen Zahn, der die alveoläre Architektur wiederherstellt. Da ein optimales Ergebnis vom Stadium der Wurzelbildung des Transplantats abhängt (ideale Wurzellänge 2/3 bis 3/4 Wurzelwachstum) hat die Transplantation ein „Zeitfenster“. Dieses kann nach oben geöffnet werden, indem man auch Zähne mit abgeschlossenem Wurzelwachstum transplantiert [Watanabe et al., 2010; Nolte et al., 2011; Chung et al., 2014]. Allerdings wird dadurch die Notwendigkeit einer späteren Wurzelbehandlung erhöht. Nach unten lässt sich das Zeitfenster erweitern, indem man auf einen Milcheckzahn als Transplantat zurückgreift [Pohl et al., 2008; Tschammler et al., 2015, Hoss et al., 2021]. In diesem Fall entfällt das kieferorthopädische Schließen der Transplantatlücke. Als Zwei-Phasen-Transplantationskonzept wird die Kombination aus Milchzahn-Transplantation im frühen Wechselgebiss und Prämolaren-Transplantation im späten Wechselgebiss bezeichnet [Nolte et al., 2017]. Das Besondere an dieser Methode ist, dass die traumatisierten Kinder mit Zahnverlust zeitnah ästhetisch rehabilitiert werden können und dabei das noch erhebliche, zu erwartende vertikale Wachstum des anterioren Kieferabschnitts zuverlässig unterstützt werden kann. Abbildung 4 zeigt eine MilchzahnTransplantation im frühen Wechselgebiss bei einem achtjährigen Mädchen bei nahezu vollständiger Ersatzresorption des Zahnes 11 nach Avulsion und Replantation. Trotz des sehr guten Zustands des Milchzahntransplants im Alter von zwölf Jahren entschied man sich in Rücksprache mit den Kollegen der Kieferorthopädie für die Prämolaren-Transplantation als eine zuverlässige Versorgung mit Überlebensraten von im Mittel 96,7 Prozent nach 8,75 Jahren [Akhlef et al., 2017]. Die Planung der Prämolaren-Transplantation sollte dabei immer in enger Absprache mit der Kieferorthopädie erfolgen, um zu klären, ob die Entnahme eines Prämolaren vertretbar und welche Entnahmestelle die geeignetste ist. Zahnimplantate und dentales Trauma Bei einer Avulsionsverletzung ist bei gesunden Zähnen der Replantation der Vorzug zu geben. Auch Zähne mit schlechter Prognose aufgrund langer extraoraler Trockenlagerungszeit sollen nach der aktuellen Leitlinie replantiert werden, weil sie mit großer Wahrscheinlichkeit ankylotisch einheilen und daher die Wurzel langsam durch Knochen ersetzt wird. Dieser sekundär gebildete Knochen ist ein gutes Lager für Zahnimplantate oder im Wachstumsalter für ein autologes Zahntransplantat. In der Wachstumsphase sind Zahnimplantate möglichst zu vermeiden, weil aufgrund der ankylotischen Einheilung von Zahnimplantaten eine Infraposition der implantatgetragenen Restauration droht. Dies gilt insbesondere, wenn bereits vor dem pubertären Wachstumsschub implantiert wird. Zur Lückenversorgung im Wachstumsalter steht neben Provisorien die Adhäsivbrücke, der kieferorthopädische Lückenschluss oder die autologe Zahntransplantation zur Verfügung (Tabelle 2). Zur Vorbereitung einer Implantatversorgung zu einem späteren Zeitpunkt sind im Wachstumsalter Maßnahmen förderlich, die die replantierten Zahnwurzeln und den Alveolarfortsatz über den pubertären Wachstumsschub konservierend erhalten, beispielsweise die oben erwähnte Dekoronation mit provisorischer Erhaltung der Wurzeln oder die chirurgische Anluxation ankylosierter Zähne. Im Erwachsenenalter verläuft die Ersatzresorption bei Ankylose deutlich langsamer als im Kindesalter, so dass replantierte Zähne auch nach Ankylose durchaus als eine längerfristige Versorgung angesehen werden können. Die Versorgung einer Lücke mit Zahnimplantaten nach einem dentalen Trauma wird in der Regel nach Abschluss des pubertären Wachstumsschubes erwogen oder besser noch ins frühe Erwachsenenalter verlegt. Wenn zu diesem Zeitpunkt keine SofortimAbb. 5: A) 75-jährige Patientin sechs Wochen nach schwerem Frontzahntrauma durch Stolpersturz B) Ausschnitt OPG: Initial wurden die abgebrochenen Zähne belassen und der Alveolarfortsatz nicht enttrümmert, sondern nur Hart- und Weichgewebe reponiert und ruhiggestellt. Parallel erfolgte eine antiinfektiöse Behandlung der Periimplantitis im Unterkiefer. C) Zur Implantatinsertion wurden die Zahnwurzeln entfernt. In den Spitzkammbereichen regio 11-21 erfolgte ein Bone splitting mit Lindemannfräse und Osteotomen. Der autologe Spanknochen wurde im Filter (Schlumbohm GmbH, Brokstedt) aufgefangen und asserviert. D) Der Splittingspalt sowie die traumabedingten Defekte um die Zahnimplantate wurden mit dem Filterknochen aufgefüllt. E) Krestal und bukkal wurde im Überschuss Knochenersatzmaterialgemisch aufgelagert (BioOss, Geistlich, Baden-Baden). Die Überkorrektur ist dabei Teil des Konzepts. F) Das Augmentat wird mit Kollagenmembranen (Biogide, Geistlich, Baden-Baden) abgedeckt und die Weichteile mit resorbierbarem Nahtmaterial (PGD 5x0, Resorba RESORBA® Medical GmbH, Nürnberg) adaptiert, aber teilweise offen gelassen. G) Fertige festsitzende Kronenversorgung auf insgesamt drei Implantaten H) Ausschnitt OPG nach prothetischer Versorgung Foto: Hendrik Terheyden A E C G D H B F

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