POLITIK | 65 „HAKEN UND KLAPPE HALTEN!“ Häufigste Antworten: auf die Frage: Welche Aufgaben hast du im PJ ohne Anleitung und Aufsicht eines/r Arztes/Ärztin übernommen? „Haken halten“, viele Blutabnahmen, viele administrative Aufgaben (Kopieren, Dokumentation, Telefonate etc.), COVID-Test-Durchführung, wenig eigenständige ärztliche Tätigkeiten wie z. B. Nähen - „Alleinige Leitung der Station aufgrund von Personalmangel“ - „Einen Tag allein auf Station gestanden, Oberarzt war im Notfall auf Abruf. Ansonsten Tätigkeiten wie ein Assistenzarzt.“ - „Pedikelschrauben, Fixateur externe, Wundnähte, OP-Nähte“ - „Kaffee holen“ - „Aufnahme Patienten auf Station: Anamnese, Brief anlegen etc.“ - „Entlassbriefe schreiben, Vorbefunde einholen, Angehörigengespräche“ - „Transportdienste für Patienten“ - „OP-Assistenz“ - „Kleine OPs, Nähen, Drainagen legen, Briefe schreiben“ - „Covid-Abstriche, Datenmüll des ganzen Hauses 1x/Woche leeren“ - „MFA-Tätigkeiten (Empfang, Scannen, Schreddern, Papierkram im Allgemeinen, Telefondienste, etc.)“ - „Viel Blut abnehmen und Braunüle legen, Assistenz bei OPs. Wenig Vorbereitung auf die echte ärztliche Tätigkeit“ - „Primär 'Hakenhalter' im OP ohne nennenswerte Lehrer während der OP. Visiten am Morgen begleiten, dokumentieren, Wundversorgung. Ansonsten viel eigenständiges Arbeiten/Zeit im PJ-Zimmer verbracht“ - „Viele Blutentnahmen und Viggos. Viel Hakenhalten.“ - „Haken halten, Beine Halten, Füße halten, tags nachts, … nähen: nie.“ - „Haken und Klappe halten“ - „Untersuchungen anmelden, Patientenvorstellung in Röntgendemo/Tumorkonferenz --> alle Aufgaben unter Supervision (interdisziplinäre Ausbildungsstation)“ - „In der Ortho und VCH (Viszeralchirurgie) klassisch nur BEs (Blutentnahmen), alles andere wurde nicht beigebracht (nur noch Haken halten und nicht stören). In der GCH (Gefäßchirurgie)wurde eine MFA-Assistenz auf Station eingespart, die Aufnahmen mussten dann die PJler machen, plus BEs, plus alle CW-Doppler (Ultraschall der Gefäßströme) auf Station, plus Haken halten“ - „Briefe/Anträge schreiben, für die nichtmuttersprachlichen Ärzte Briefe korrigieren (sprachlich)“ Aus der Online-Umfrage „PJ-Barometer 2023“ des Marburger Bundes gesichts der schwierigen Personallage komme den PJlern meist die Rolle des Lückenbüßers zu, die überall dort zum Einsatz kämen, wo es gerade an Personal mangelt, heißt es in der Umfrage. Auch das Selbststudium kommt der Umfrage zufolge oft zu kurz. Angesichts der hohen Belastung im PJ finden somit 39 Prozent der PJler nicht ausreichend Zeit zum Selbststudium neben der praktischen Ausbildung (etwa in Form eines Studientages). Gute Bewertungen geben die Befragten hingegen der Qualität der Lehre, die im ersten PJ-Tertial überwiegend als sehr gut (16 Prozent) und gut (35 Prozent) bewertet wird. Für rund 31 Prozent ist sie befriedigend, 14 Prozent halten sie für unbefriedigend und knapp fünf Prozent sogar für schlecht. Überwiegend positiv nehmen die PJler auch das Bemühen der ärztlichen Kolleginnen und Kollegen wahr, ihnen mit Wertschätzung zu begegnen. Ein großer Knackpunkt ist dagegen die finanzielle Absicherung des Lebensunterhalts, die sich uneinheitlich und unzureichend gestaltet. Ein Großteil der Befragten (78 Prozent) ist demzufolge auf elterliche Zuwendungen angewiesen. An zweiter Stelle rangiert die monatliche PJ-Aufwandsentschädigung in Form von Geld- und Sachleistungen. Bei 52 Prozent der Befragten setzt sich die Finanzierung des Lebensunterhalts hauptsächlich aus der Kombination von Aufwandsentschädigung und familiärer Unterstützung zusammen. In der Regel liegt die monatliche Aufwandsentschädigung deutlich unterhalb des BAföG-Höchstsatzes von derzeit 934 Euro, heißt es weiter. Knapp 17 Prozent erhalten nur bis zu 300 Euro Aufwandsentschädigung während des PJ und elf Prozent gar keine Geld- oder Sachleistung der Ausbildungsstätte, heißt es in dem Barometer. "Diese heterogene Praxis der Lehreinrichtungen kann nur durch eine obligatorische, bundesweit einheitliche, existenzsichernde Aufwandsentschädigung für alle Studierenden im PJ beendet werden", fordert der MB. Ihre weitere berufliche Zukunft sehen die angehenden Ärztinnen und Ärzte zunächst im stationären Versorgungsbereich (88 Prozent), wo ja auch ganz überwiegend die Weiterbildung zur Fachärztin oder zum Facharzt stattfindet. Immerhin knapp sieben Prozent wollen ihre ärztliche Laufbahn im ambulanten Bereich fortsetzen und nur drei Prozent sehen ihre weitere Zukunft außerhalb der Patientenversorgung. pr zm113 Nr. 11, 01.06.2023, (963) Rund 77 Prozent der PJler übernahmen ärztliche Aufgaben, 97 Prozent delegationsfähige Leistungen und 83 Prozent mussten auch sonstige/nicht-medizinische Aufgaben erledigen. Foto: PJ Barometer 2023 Marburger Bund
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