Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 11

74 | ZAHNMEDIZIN AUS DER WISSENSCHAFT Gibt es Grenzen der lateralen Kieferkammaugmentation? Søren Jepsen Auch bei einer lateralen Knochenaugmentation unterliegen die Transplantate einer Resorption. Deren Ausmaß ist laut einer neuen Studie durch die „Individuelle phänotypische Dimension“ bestimmt, die sich aus einer Analyse der kontralateralen gesunden Kieferseite ergibt. Eine Implantattherapie könnte damit besser geplant werden. Bei der Planung einer Implantattherapie besteht ein häufiges Problem darin, dass der Alveolarkamm keine ausreichenden Dimensionen aufweist. Die gesteuerte Knochenregeneration (GBR) ist ein effektives Verfahren, um ein ausreichendes Volumen für eine prothetisch gesteuerte Implantatinsertion bereitzustellen. Allerdings ist das bukkale Knochenaugmentat im Laufe der Zeit einer Resorption ausgesetzt. Die meiste Resorption findet in den frühen Phasen der Integration und Regeneration statt (frühe Resorption), der Prozess kann aber auch über lange Zeiträume andauern (späte Resorption). Verschiedene Determinanten können die Stabilität der lateralen Augmentation beeinflussen – von der Defektmorphologie über die gewählte Technik bis hin zur Art des verwendeten Biomaterials. Es gibt nur begrenzte Informationen über den möglichen Einfluss der natürlichen Alveolarkammkontur oder der „Individuellen phänotypischen Dimension“ (IPD) auf das langfristige Ergebnis der GBR. Die IPD kann durch die knöchernen Abmessungen des kontralateralen gesunden Bereichs mittels DVT ermittelt werden und möglicherweise das Ausmaß der späteren Resorption des Knochenaugmentats unabhängig von dessen horizontaler Überkonturierung bestimmen. In der hier diskutierten Studie von Quirynen et al. sollte untersucht werden, ob das Volumen der kontralateralen gesunden Region (IPD), gemessen mittels DVT, den Grad der Resorption nach einem GBR-Verfahren in linearen und volumetrischen Dimensionen vorhersagen kann. Material und Methode In einer retrospektiven Kohortenstudie wurde eine Datenbank von Patienten analysiert, bei denen eine GBR durchgeführt worden war. Eingeschlossen in die Studie wurden Patienten, wenn sie „ einen relativ symmetrischen Oberkieferbogen, „ intakte kontralaterale Alveolarknochendimensionen, „ ein vorhandenes präoperatives DVT, „ ein unmittelbar nach GBR durchgeführtes DVT „ sowie mindestens ein DVT besaßen, das sechs bis acht Monate nach der Operation durchgeführt war (um die frühe Resorption zu bewerten) und/oder ≥ 12 Monate nach dem Einsetzen des Implantats (um das Ausmaß einer frühen und späten Resorption zu messen). Mithilfe einer virtuellen 3-D-Rekonstruktion und Überlagerung von DVTs wurde die volumetrische Stabilität der lateralen Augmentation zu verschiedenen Zeitpunkten bewertet. Die knöcherne Kontur der kontralateralen gesunden Region – die die IPD des Alveolarkamms darstellt – wurde durch spezielle Software mit der GBRRegion überlagert und es wurden lineare und volumetrische Messungen durchgeführt. Die statistische Analyse wurde unter Verwendung eines linearen gemischten Modells und einer Regressionsanalyse für 2-D-Messungen zusammen mit einer Teilvergleichsanalyse (SPCA) für die volumetrische Bewertung durchgeführt. Ergebnisse 23 GBR-Bereiche von 17 Patienten wurden analysiert und abhängig von den verfügbaren DVT-Daten in drei Gruppen eingeteilt, um die Auswirkungen von (I) früher Resorption, (II) früher und später Resorption zusammen und (III) früher und später Resorption getrennt zu bewerten. In allen Fällen war eine Kollagenmembran als Barriere verwendet worden, jedoch wurden unterschiedliche regenerative Biomaterialien eingesetzt. Unmittelbar nach dem chirurgischen Eingriff betrug die mittlere Menge an Knochenaufbau, gemessen 2 mm vom koronalsten Anteil des Augmentats, 5,0 ± 2,1 mm. Nach sechs bis acht Monaten Heilung war die Knochenregeneration auf 3,7 ± 2,2 mm reduzm113 Nr. 11, 01.06.2023, (972) Univ.-Prof. Dr. Med. Søren Jepsen, Direktor der Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätsklinikum Bonn, Welschnonnenstr.17, 53111 Bonn Foto: privat

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