86 | zmSTARTER zm113 Nr. 11, 01.06.2023, (984) halten. Doch gerade in der Zahnmedizin gibt es noch Optimierungsbedarf, da die meisten Stipendienangebote für Allgemeinmediziner sind. Den zweiten Bildungsweg einzuschlagen ist nicht leicht, für mich war es aber die beste Entscheidung meines Lebens! Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft? Ich wünsche mir, dass jedes Kind mit ein bisschen mehr Leichtigkeit in die Zukunft sehen kann. Ich bin Kinderzahnärztin geworden, um meine Ideen, meine Leidenschaft und meine Motivation den Kleinen schon früh mitzugeben. Ich sehe meinen Beruf als Berufung an – nicht nur für die Zahnund Mundgesundheit, sondern auch für Familien, denen ich durch meine Empathie und mein Wissen eine Unterstützung sein kann. Mein Traum ist es, eine eigene Praxis zu gründen und dann anderen die Chance auf einen Praktikums- oder Ausbildungsplatz zu bieten. Das Interview führte Navina Bengs. ZUM ZAHNMEDIZINSTUDIUM OHNE ABITUR – WIE GEHT DAS? „Das Studium an einer deutschen Hochschule steht deutlich mehr Menschen offen, als die offiziellen Statistiken es bisher nahelegen.“ Zu diesem Fazit kommt das Centrum für Hochschulentwicklung in seinem Bericht aus dem Jahr 2020, der sich explizit mit dem Thema „Studieren ohne Abitur“ auseinandersetzt. Die CHE-Berechnungen kommen zu dem Ergebnis, dass faktisch bis zu 80 Prozent der deutschen Bevölkerung studienberechtigt sein könnten. Denn seit über einem Jahrzehnt sind in Deutschland nicht nur Personen mit schulischer Hochschul- und Fachhochschulreife studienberechtigt, auch Menschen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung plus Berufserfahrung steht dieser Weg unter bestimmten Bedingungen offen. Seit 2011 hat sich die Zahl der Studierenden ohne Abitur in Deutschland von 32.200 auf 70.338 mehr als verdoppelt. Der Anteil der Studierenden ohne Abitur im Studienfach Humanmedizin inklusive Zahnmedizin ist dem Trend folgend in den vergangenen Jahren ebenfalls gestiegen. Gab es im Jahr 2014 nur 534 Studierende ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung im Fach Humanmedizin inklusive Zahnmedizin, waren es im Jahr 2020 insgesamt 1.071 Studierende. Damit hat sich deren Anzahl in sechs Jahren verdoppelt. Gestiegen ist auch die Zahl der AbsolventInnen ohne Abitur im Fach Humanmedizin inklusive Zahnmedizin. Gab es im Jahr 2014 lediglich 25, ist die Zahl im Berichtsjahr 2020 auf 85 gestiegen und hat sich somit mehr als verdreifacht. Insgesamt ist der Anteil der Personen, die ohne Abitur Human- oder Zahnmedizin studieren jedoch vergleichsweise gering. Bei den StudienanfängerInnen ohne Abitur stehen laut einer aktuellen Auswertung des CHE (auf Basis der jüngsten verfügbaren Daten aus dem Jahr 2021) die Rechts-, Wirtschaftsund Sozialwissenschaften auf der Beliebtheitsskala ganz oben. Mehr als die Hälfte der beruflich qualifizierten Erstsemester (54 Prozent) haben sich im Jahr 2021 für ein Fach aus diesen Bereichen entschieden. An zweiter Stelle stehen die Ingenieurwissenschaften mit einem Anteil von rund 19 Prozent. An dritter Stelle folgt der Bereich „Humanmedizin und Gesundheitswissenschaften“ mit rund 14 Prozent. Dabei verdeutlicht eine detaillierte Aufschlüsselung der Daten, dass sich hier 94 Prozent der StudienanfängerInnen ohne Abitur im Bereich der Gesundheitswissenschaften eingeschrieben haben. Darunter fallen Bachelor- und Masterstudiengänge unter anderem aus den Bereichen „Pflegewissenschaften“, „Gesundheitsmanagement“, „Physiotherapie“ oder „Public Health“. Nur 105 Personen haben einen Studienplatz im Bereich Humanmedizin inklusive Zahnmedizin erhalten, was sechs Prozent ausmacht. An vierter Stelle des Rankings liegt die Fächergruppe Kunst und Kunstwissenschaften mit rund fünf Prozent, gefolgt von den Geisteswissenschaften mit knapp drei Prozent. „Zwischen den Bundesländern gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede bei den Zugangsbedingungen“, heißt es im CHE-Bericht. Demnach schreiben sich die meisten beruflich qualifizierten Erstsemester in Thüringen, Hamburg und Bremen ein. Die Spitzengruppe wird angeführt von Thüringen mit einem Erstsemesteranteil von 13,5 Prozent, dahinter Hamburg mit 5,1 und Bremen mit 4,9 Prozent. Hauptverantwortlich für den hohen Wert in Thüringen ist die IU Internationale Hochschule. Rund ein Viertel aller StudienanfängerInnen ohne Abitur in Deutschland ist momentan an der IU mit Hauptsitz in Erfurt eingeschrieben. Neben der IU gehören die staatliche FernUniversität in Hagen und die private Diploma Hochschule zu den drei am stärksten nachgefragten Hochschulen bei Erstsemestern, die über den beruflichen Weg ins Studium gelangen. Die nachschulische Bildung in Deutschland mache es Menschen schwer, „einen einmal eingeschlagenen Bildungsweg an veränderte Zielvorstellungen anzupassen“, lautet das Fazit des CHE. Besonders deutlich werde die Problematik, wenn Bildungsinteressierte zwischen beruflicher und akademischer Bildung „umsteigen“ wollen. Denn viele gute Ansätze zur Verschränkung beruflicher und akademischer Bildung existierten derzeit nur lokal oder regional. Systematisierungsansätze seien noch nicht sehr ausgeprägt. „Damit ist es vom Zufall abhängig, ob der benötigte Bildungsweg oder Übergang in erreichbarer Nähe existiert oder nicht – oder ob man von einem eigentlich perfekt passenden Bildungsweg überhaupt erfährt. Es fehlt an übergreifender Transparenz und Erwartungssicherheit“, heißt es im CHE-Bericht. Entsprechend seien vielen Bildungsinteressierten die ihnen offenstehenden Handlungsund Anschlussmöglichkeiten nicht ausreichend bewusst. Nickel, Sigrun; Thiele, Anna-Lena: Update 2022: Studieren ohne Abitur in Deutschland - Überblick über aktuelle Entwicklungen, CHE Impulse Nr. 9, Gütersloh, 2022, 57 Seiten, ISSN: 2702-5268, ISBN: 978-3-947793-65-5 Wie das Zulassungsverfahren für ein Medizinstudium ohne Abitur funktioniert oder welche Studienmöglichkeiten mit einer beruflichen Qualifikation bestehen, erfährt man auf dem Informationsportal www.studieren-ohne-abitur.de des CHE.
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