Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 12

40 | ZAHNMEDIZIN gig davon, ob sie im eigenen Praxislabor oder in einem gewerblichen deutschen, europäischen oder Übersee-Labor produziert wurden. Internationale Hersteller haben häufig Partnerlabors in Deutschland, wo bei Bedarf die individuelle Bauartplanung mit dem Zahntechniker besprochen oder auch die Digitalisierung analoger Abformungen und Registrate aus der Praxis zur Vorbereitung für den elektronischen Versand erfolgen kann. Die Kooperation mit einem in Deutschland basierten Partnerlabor ist außerhalb der GKV-Richtlinie – also bei privater Abrechnung – fakultativ, aus verwaltungstechnischen Gründen für eine Abrechnung mit der KZV beziehungsweise den gesetzlichen Krankenkassen aber unbedingt erforderlich. Die wissenschaftliche Datenlage zu den verschiedenen zweiteilig nachjustierbaren Bauarten ist schwach. Es existiert derzeit keine belastbare Evidenz, die die Überlegenheit einer konkreten Schienen-Bauart belegt – weder hinsichtlich der Wirkung auf apparative oder klinische schlafmedizinische Parameter noch auf Adhärenz, die Patienten-Präferenz, Nebenwirkungen, das Kosten-Nutzen-Verhältnis oder andere krankheitsbezogene Zielgrößen [Uniken Venema, 2021]. Bei der Beurteilung langfristiger klinischer Endpunkte sowie langfristiger zahnmedizinischer Nebenwirkungen kommt erschwerend hinzu, dass Patienten häufig verschiedene Bauarten in Folge anwenden und keineswegs über Jahre oder Jahrzehnte hinweg die gleiche oder gar dieselbe Bauart. Die bisherige Forschung schenkt den zahnmedizinischen patientenbezogenen Outcome-Parametern darüber hinaus noch zu wenig Beachtung. Gleichzeitig mangelt es gerade an Daten zu Patienten-Subgruppen, die ihre UPS-Therapie abgebrochen haben [Fagundes et al., 2023]. Eine starke Evidenz für die Wahl einer bestimmten zweiteiligen Schienen-Bauart ist deswegen absehbar nicht zu erwarten. Auch die Klassifizierung der zweiteilig nachjustierbaren UPS-Bauarten stellt eine Herausforderung dar, weil in jeder einzelnen Bauart mehrere Merkmale vereint sind: Verschiedene Bauart-Merkmale können für Wirkung und Nebenwirkungen relevant sein. Diese treffen wiederum auf vielfältige individuelle Kombinationen patientenspezifischer Merkmale. Grundsätzlich besteht eine Interaktion zwischen bauartspezifischen und patientenspezifischen Merkmalen. Auswahl einer UPS-Bauart Bei der Wahl zweiteilig nachjustierbarer Apparaturen sind zu erwartende schlafmedizinische Wirkungen gegen die zu riskierenden Nebenwirkungen abzuwägen [AWMF, 2021]. Gerade das Verhältnis zwischen der symptomatischen Wirkung einer UPS auf die jeweiligen der Schlafapnoe zugeschriebenen Beschwerden und den subjektiven Nebenwirkungen ist entscheidend für die Therapie-Adhärenz. Der Adhärenz wiederum kommt im Sinne des Managements der chronischen Erkrankung Schlafapnoe eine Schlüsselrolle für den langfristigen klinischen Erfolg zu [Scherr et al., 2015]. Protrusionselemente Bimaxillär verankerte nachjustierbare UPS setzen sich aus einer oberen und einer unteren Schienenbasis sowie einem konnektiven Mechanismus im Sinne eines oder mehrerer Protrusionselemente zusammen. Bei den meisten UPS wird das Protrusionselement gesondert von der Basis gefertigt und später fest in der Basis verankert. Bei einigen UPS bildet das Protrusionselement eine Fertigungseinheit mit der Basis. Eine Veränderung des Vorschubs der UPS erfolgt bei solchen Bauarten durch Auswechseln beziehungsweise Rekombinieren eines Sortiments an Schienenbasen mitsamt des integrierten, selbst nicht nachjustierbaren Protrusionselements. Beispiele für solche integrativen Apparaturen sind die NOA®-Schiene und die Prosomnus®-Evo™-Schiene. Ein Vorteil integrierender Bauarten liegt in einer Reduzierung der Vielzahl inkorporierter dentaler Werkstoffe und in einer werkzeugfreien Nachjustierbarkeit. Klinische Situationen mit einer Prädisposition zu Materialunverträglichkeiten oder auch der Einsatz tele(zahn-)medizinischer Verfahren können klinisch-praktische Argumente für die Wahl solcher, das Protrusionselement beinhaltender Bauarten sein. Digital oder analog? Die Schienen-Bauarten können neben dem Merkmal der Fertigungseinheit mit dem Protrusionselement auch nach ihrem technischen Herstellungsprozess unterschieden werden. Hier gibt es im klassischen Tiefzieh- und Streuverfahren hergestellte, mittels CAD/CAM-Technik gefräste beziehungsweise gedruckte Basen, aber auch bei einigen Bauarten im Modellgussverfahren gefertigte metallische Basisanteile. Die digital im Fräs- oder Druckverfahren hergestellten UPS bieten Vorteile beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz beim Design, bei der Standardisierung, bei der Präzision oder bei der Reproduzierbarkeit. Gerade Letzteres stellt einen großen Vorteil dar, weil die Ersatzbeschaffung basierend auf archivierten digitalen Datensätzen einfacher als auf analog-physischen Modellen und Registraten umzusetzen ist. Materialaspekte Die UPS-Therapie ist eine meist lebenslang konzipierte Therapie [Hamoda, 2018]. Um klinisch wirksam zu sein, muss die UPS regelmäßig über mehrere Stunden Schlafzeit in die Mundhöhle inkorporiert werden [AWMF, 2021]. Im Vergleich zu den aus industriell vorgefertigten Rohlingen gefrästen Werkstücken ist bei gedruckten Medizinprodukten deswegen das Problem möglicher Restmonomeranteile hinsichtlich der Zelltoxizität kritisch zu betrachten und auf die Deklaration des verwendeten Kunststoffs wie auch den Verarbeitungsprozess zu achten. Key Splint Soft® wie bei der F-UPS pt® schneidet hier ähnlich gut ab wie konventionelle Schienenkunststoffe [Guerrero-Gironés et al., 2022; Bieger et al., 2021]. Gefräste Produkte aus Polyamiden (Nylons) wie die Narval CC®-Schiene, die Panthera®- Schienen oder aus anderen MMAfreien Kunststoffen wie beim BioBitezm113 Nr. 12, 16.06.2023, (1042) ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

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