Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 12

44 | ZAHNMEDIZIN Bauarten besteht aus der Erfahrung der Autorin in der einfacheren Handhabung, weswegen diese Bauarten gerade Patientensubgruppen mit manuellen und/oder kognitiven Einschränkungen sowie der Anwendung durch Pflegende zugänglicher sind (Abbildungen 11und12). Separat einzugliedernde wie auch gelenkig verbundene Schienen können unterschieden werden nach schubbasierten Bauarten mit Kraftansatz im posterioren Oberkiefer- und im anterioren Unterkieferbereich (zum Beispiel H-UPS®, BioBiteCorrector® oder IST Classic®) und zugbasierten Bauarten mit Kraftansatz im anterioren Oberkiefer- und im posterioren Unterkieferbereich (zum Beispiel IST classic neu®, Narval CC® oder Panthera Classic®). Hinsichtlich der Nebenwirkungen konnte kein signifikanter Unterschied zwischen zug- und schubbasierten Apparaturen nachgewiesen werden [Vezina et al., 2011] Klinisches Auswahlkriterium zwischen Schub- und Zugmechanismus sind nicht zuletzt die retentiven Voraussetzungen im Bereich der Kraftansatzpunkte. Diese wären zum Beispiel nicht in zahnlose Kieferabschnitte oder in Bereiche mit parodontal stark vorgeschädigten oder prognostisch fragwürdigen Zähnen zu legen. Störende Interferenzen mit der Wange, dem Mundwinkel oder dem Processus coronoideus des Unterkiefers können in Ausnahmefällen gerade bei ausgeprägtem Tiefbiss und Frontzahnsteilstand Argumente für die Wahl einer lateral gekuppelten Bauart mit anders als bei den meisten Bauarten nicht bukkal der Schienenbasis, sondern interokklusal eingearbeiteten Protrusionselementen sein. Ein Beispiel ist das IST Plus®-Gerät. Alternativ kann bei bukkal schwierigen Platzverhältnissen und gleichzeitig normalen oder frontoffenen Verhältnissen nach Abwägung der Vorteile gegen die Nachteile die Wahl auf eine anterior gekuppelte Bauart fallen. Wesentliches Planungskriterium ist auch hier das Minimieren der iatrogenen Bisssperrung durch die UPS bei gleichzeitiger Vermeidung von Interferenzen mit den Nachbarstrukturen. Sicherungsketten Da dem Stabilhalten der Therapieposition eine so wichtige schlafmedizinische Bedeutung zukommt, sollen alle schubbasierten Apparaturen, deren Kupplungsmechanismus bei Kieferöffnung eine ungehinderte Retrusion zulässt, ausnahmslos die Möglichkeit einer Sicherung durch zusätzliche Elastikketten bieten [Marklund et al., 2019]. Zu diesen Apparaturen gehören unter anderem IST Classic®, H-UPS® und der BioBiteCorrector®. Abbildung 13 zeigt einen schräg schubbasiert gekuppelten BioBiteCorrector®, bei dem die obligatorische Kieferöffnungsbegrenzung durch die Wahl eines unterschiedlich starken kieferorthopädischen Elastikrings variabel dosiert werden kann. Eine begrenzte Retrusion erlaubt auch die schubbasierte Somnodent Flex/ Fusion® entlang ihrer schrägen Flossenkupplung. Eine weitere schubbasierte Schiene mit noch geringerer Retrusionstendenz ist mit einer 90-Grad-Angulation der Kupplungsgleitflächen die Prosomnus Evo®-Schiene (Abbildung 14). Optional können auch bei diesen beiden Fabrikaten in der Schienenbasis anteriore Haken für eine initial oder auch später gewünschte Anbringung von Elastikgummis eingeplant werden. Hierbei erlaubt die Somnodent®-Schiene anders als die aus einem einzigen metallfreien Werkstoff gefrästen Prosomnus®-Schienen auch die nachträgliche Ergänzung metallischer Knopfhaken. Eine lageabhängige Schlafatmungsstörung oder eine Anamnese mit Mundleckagen bei einem vorangegangenen CPAPVersuch können Argumente für die A-priori-Einplanung von solchen Vorrichtungen zur Befestigung von Elastikketten oder kieferorthopädischen Elastikringen sein. Kieferöffnungs- und Retrusionseffekte haben interindividuell unterschiedliche Auswirkungen [García et al., 2020] und unterschiedliche klinische Relevanz. Auch erst im späteren Therapiezm113 Nr. 12, 16.06.2023, (1046) Abb. 11: FORWARD®-Schiene: Separate Schienenteile können bei manueller Einschränkung manchmal leichter einzugliedern sein. Foto: Kieferorthopädisches Fachlabor Orthos Abb. 12: Somnodent® Fusion mit separatem Oberkiefer- und Unterkieferteil: Die Abzugskräfte sind geringer als bei verbundenen Apparaturen. Foto: Somnomed, www.virtuecreative.com.au Abb. 13: BioBiteCorrector® mit lateralen Titan-Kugelgelenken Foto: Dagmar Norden

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