Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 12

76 | GESELLSCHAFT CO2-RECHNER FÜR KRANKENHÄUSER Pionierarbeit für den Klimaschutz Der Gesundheitssektor ist für rund fünf Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Krankenhäuser haben einen wesentlichen Anteil daran, allerdings sind die Emissionen bislang nur unzureichend erfasst. Das Öko-Institut und die Uniklinik Freiburg haben daher ein Werkzeug zur Berechnung von Klimabilanzen für Krankenhäuser entwickelt. Dieses Excel-Tool ermöglicht erstmals eine CO2-Vergleichbarkeit zwischen den Kliniken. Wie viele Treibhausgasemissionen fallen in einem Krankenhaus an? Wo sind die größten Hebel zu mehr Klimaschutz? An welchen Stellen lassen sich klimaschädliche Emissionen einsparen? Diese Fragen können jetzt endlich umfassend beantwortet werden. Ein CO2-Rechner, entwickelt vom ÖkoInstitut und der Uniklinik Freiburg, hilft Krankenhäusern, verschiedene Emissionstypen standardkonform zu erfassen, um so eine eigene Treibhausgasbilanz zu erstellen – das Excel-Tool ist kostenlos und seit Ende Mai für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen frei verfügbar. Das Tool basiert auf dem international standardisierten „Greenhouse Gas (GHG) Protocol“ und berücksichtigt sowohl direkte als auch indirekte Emissionen durch Treibhausgase. Das GHG Protocol („Treibhausgas-Protokoll“) dient der Bilanzierung von CO2Emissionen und gilt unter anderem wegen seiner Prinzipien und seiner drei Beobachtungsstufen (Scopes) als wichtigster und verbreitetster Standard für die Treibhausgas-Berechnung von Organisationen – bislang allerdings vor allem auf Unternehmensebene. Nur drei Prozent der Kliniken in Deutschland erfüllen derzeit die Anforderungen des GHG Protocol. So umfasst „Scope 1“ die direkten CO2-Emissionen wie eigene Anlagen oder Gebäude, „Scope 2“ den indirekten Ausstoß von Treibhausgasen, etwa aus der Nutzung von extern bereitgestellten Energieträgern zum Beispiel für Wärme und Kühlung, und „Scope 3“ schließlich CO2-Emissionen, die durch Lieferketten oder Dienstleistungen entstehen. Berücksichtigt werden dabei auch Medikamentenherstellung sowie Produktion, Verpackung und Transporte nicht nur von Hygienemitteln, sondern auch von medizinischem Verbrauchsmaterial, Arzneien und Lebensmitteln. Besonders bei Scope 3 liegen im Gesundheitsbereich jedoch zu wenige Daten vor, sagt Prof. Dr. Andy Maun, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin des Uniklinikums Freiburg und Leiter des sogenannten CAFOGESProjekts (Carbon Footprint im Gesundheitswesen), das das Excel-Tool entwickelt hat. Und das sei ein gravierendes Problem: Denn der in Scope 3 anfallende Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase mache häufig den Großteil der Emissionen eines Unternehmens aus, und spiele dann in der CO2Kalkulation keine oder eine nur geringe Rolle. Hier sei es noch ein weiter Weg zu einer lückenlosen Klimabilanz. Genau diese Lücke wollten die Forscher mit ihrem Excel-Tool schließen – am Beispiel des Uniklinikums Freiburg wurde eine erste Datengrundlage Das Öko-Institut geht davon aus, dass das Gesundheitswesen für mehr Treibhausgasemissionen verantwortlich ist als die Luftfahrt. Allein im Universitätsklinikum Freiburg lag der CO2-Ausstoß im Jahr 2019 bei 64,36 Tonnen CO2 pro Krankenhausbett. Foto: Universitätsklinikum Freiburg/Britt Schilling zm113 Nr. 12, 16.06.2023, (1078)

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