28 | ZAHNMEDIZIN NEUE S3-LEITLINIE ERSCHIENEN Materialunverträglichkeiten bei dentalen enossalen Implantaten Gibt es Titanallergien oder Unverträglichkeiten gegen das Metall? Eindeutige Antworten fehlen bislang, klinische Verdachtsfälle sind selten. Den aktuellen Wissensstand zeigt die neue S3-Leitlinie zu diesem Thema. Bei allergischen Reaktionen auf Metalle handelt es sich um sogenannte Kontaktallergien. Diese treten an der Mundschleimhaut etwa 24 bis 27 Stunden nach Kontakt mit dem Allergen auf. Um diese Allergien auszulösen, müssen sich Metalle, etwa Cobalt, Nickel oder Kupfer, an Proteinmoleküle koppeln (Haptene). Erst dann sind sie in der Lage, eine allergische Immunreaktion auszulösen. Da Titan jedoch an der Luft in Sekundenbruchteilen oxidiert und das entstandene Titandioxid sich nicht an ein Protein binden kann, ist das Metall nicht in der Lage, eine klassische Kontaktallergie auszulösen. Aus diesem Grund sind auch klassische Allergietests auf Titan nicht zielführend. In der international ersten Leitlinie „Materialunverträglichkeiten bei dentalen, enossalen Implantaten“, empfehlen die Fachleute von 18 wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Organisationen unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI e.V.) daher einstimmig, auf solche Tests zu verzichten. Die Expertinnen und Experten geben dabei Entscheidungshilfen, in welchen Fällen Patienten von einer erweiterten Diagnostik profitieren können und wie Befunde und Symptome bewertet werden sollten. Sechs Mal den Daumen gesenkt Die Fachleute aus der Leitliniengruppe haben in insgesamt sechs auf Evidenz basierten Empfehlungen bezüglich Allergietests auf Titan formuliert, dass „eine Testung nicht durchgeführt werden soll”. Dies gilt sowohl für den Epikutantest (ECT) als auch für den sogenannten Lymphozytentransformationstest (LTT), der Hinweise auf allergenspezifische Gedächtniszellen im Blut gibt, die jedoch nicht obligat mit einer klinisch lokalen Reaktion in Beziehung stehen müssen. Beide Tests sollen nicht zur Abklärung einer potenziell bestehenden Sensibilisierung auf Titan eingesetzt werden, auch nicht bei Patienten mit relevanten Vorerkrankungen in der Anamnese oder bei Patienten, bei denen der Verdacht Bei Problemen mit Implantaten vermuten Patienten gern einmal Titanallergien oder -unverträglichkeiten als Ursache. Bei periimplantären Infektionen sollte jedoch erst einmal die Erkrankung behandelt werden, empfiehlt die Leitliniengruppe mit Vertretern aus 18 Fachgesellschaften. Bei möglichen Unverträglichkeitsreaktionen sollten die Suprakonstruktionen bei Implantaten in den Blick genommen werden. Die Explantation sei nur die Ultima Ratio. Foto: Grüner - stock.adobe.com zm113 Nr. 13, 01.07.2023, (1126)
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