Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 13

54 | TITEL Für die Therapieentscheidung ist es essenziell, zwischen aktiven und inaktiven Läsionen zu unterscheiden (Abbildung 6). Die Farbe der Läsion ist zwar kein verlässliches Diagnosekriterium, aktive Wurzelkaries hat aber eher eine gelbliche oder hellbraune Farbe, ist in der Regel von Plaque bedeckt und fühlt sich bei mäßigem Sondieren weich oder ledrig an. Solche Läsionen bedürfen einer Intervention. Inaktive oder arretierte Läsionen haben in der Regel eine dunklere Farbe, sind meist plaquefrei und fühlen sich bei Sondieren hart an. Inaktive Wurzelkaries braucht keine weitere Intervention, auch wenn sie kavitiert, aber reinigungsfähig ist. Die Patientinnen und Patienten sollten jedoch über solche Befunde aufgeklärt werden. Das Monitoring von Wurzelkaries ist speziell im Rahmen der nicht-invasiven Therapie hilfreich. Neben der klinischen und der röntgenologischen Diagnostik kann hier möglicherweise die Laserfluoreszenz ein geeignetes Tool darstellen [Mitchell et al., 2021, Zhang et al., 2009]. Primärprävention und nichtinvasive Therapie Wenn Wurzelkaries als die Erkrankung exponierter Wurzeloberflächen betrachtet wird, sollten primärpräventive Maßnahmen bereits im jungen Alter darauf abzielen, Rezessionen und den Abbau der Interdentalpapillen so weit wie möglich zu vermeiden und so lange wie möglich hinauszuzögern. Dazu gehört eine möglichst effektive und atraumatische Mundhygiene. Sobald jedoch Wurzeloberflächen exponiert sind, sollte über das Risiko für Wurzelkaries und die resultierenden Folgeprobleme informiert und spätestens jetzt eine adäquate Mundhygiene etabliert werden. Bei den regelmäßigen zahnärztlichen Untersuchungen sollte unbedingt darauf geachtet werden, ob sich individuelle Risikoindikatoren für Wurzelkaries einstellen. Dazu gehören beispielsweise Allgemeinerkrankungen oder Medikationen, die Auswirkungen auf die Mundhöhle, besonders auf den Speichelfluss haben, sowie motorische, visuelle oder kognitive Einschränkungen. Sollte Wurzelkaries diagnostiziert werden, bestimmen neben den genannten patientenbezogenen Faktoren auch lokale Aspekte wie Kariesaktivität (aktiv/inaktiv) Schweregrad (lokalisiert/ generalisiert; initial/Kavitation/pulpanah), Lokalisation (anterior/posterior; Glattfläche/interdental, marginal/ weiter koronal, sub-/supragingival) die Therapieentscheidung. Grundsätzlich sollte eine individualisierte Behandlungsplanung auf einer individuellen Risikofaktoren- und Complianceanalyse basieren. Möglicherweise können Risikofaktoren wie beispielsweise eine Speichelflussreduzierende Medikation verändert werden. Wurzelkaries kann durch geeignete nicht- oder minimalinvasive Maßnahmen oftmals arretiert werden, selbst wenn bereits eine Kavitation vorliegt [Burrow und Stacey, 2017] und bedarf dann keiner restaurativen Therapie [Paris et al., 2020]. Voraussetzung dafür ist, dass die Patientinnen und Patienten eine hinreichende Plaquefreiheit erreichen und die entsprechenden Bereiche der Mundhygiene zugänglich sind. Letzteres ist bei Glattflächenläsionen und approximalen Läsionen in Verbindung mit deutlichen Rezessionen meist der Fall. Kavitierte Bereiche können mit Hand- oder rotierenden Instrumenten eingeebnet werden, so dass sie besser zu reinigen sind. Geringfügig erweichte, potenziell remineralisierbare Areale sollten dabei jedoch nicht entfernt werden, um die Möglichkeit des Erhalts eines gewissen Anteils an Zahnsubstanz nicht von vornherein auszuschließen. Die etablierten Bausteine der allgemeinen Kariesprävention sind auch für die Prävention und die nicht-invasive Therapie der Wurzelkaries relevant, wenn auch mit einigen Besonderheiten, auf die im Folgenden eingegangen wird. Tabelle 2 fasst individualisierte Präventionsmaßnahmen zusammen. Mundhygiene Die Verbesserung und idealerweise die Optimierung der Mundhygiene ist der erste und wichtigste Baustein in der Prävention und Therapie von Wurzelkaries. Zu beachten ist, dass eine unzureichende Mundhygiene im Sinne von klinisch sichtbarer Plaque oder größeren Plaqueansammlungen kein spezifisches Phänomen älterer Personen ist, sondern durchgängig in allen Altersgruppen zu beobachten ist (Abbildung 7) [Micheelis und Schiffner, 2006]. Bei Personen in Altersheimen ohne zahnärztliche Betreuung scheint der Anteil derjenigen, die klinisch sichtbare Plaque oder größere Plaqueansammlungen aufweisen, zwar höher, aber auch in solchen Einrichtungen gibt es eine ausgedehnte Spannbreite von Mundhygienefähigkeiten. Wenn zm113 Nr. 13, 01.07.2023, (1152) Foto: Benedikt Luka Abb. 6: Plaquefreie arretierte Wurzelkaries (links) mit klinisch harter Oberfläche, plaquebedeckte aktive Wurzelkaries (rechts) mit klinisch erweichter Oberfläche

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