Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 13

TITEL | 57 schleust und führen daher im Biofilm nicht zu einem pH-Wert-Abfall. Inwieweit ernährungsbezogene Strategien, die die Ökologie des Biofilms beeinflussen könnten, beispielsweise in Form von Probiotika, zur Prävention von Wurzelkaries beitragen können, ist unklar. Wenn sich solche Maßnahmen ohne Aufwand umsetzen lassen, können diese ergänzend versucht werden. Für zuckerfreie Kaugummis zur Speichelstimulation bei einer Speicheldrüsenhypofunktion gibt es bislang keine Evidenz [Salum et al., 2018]. Betont werden muss, dass der Ernährungssituation eine umso größere Bedeutung zukommt, je schlechter die Mundhygienemaßnahmen verbessert werden können. Fluoride Fluoride sind auch zur Prävention und zur nicht-invasiven Therapie von Wurzelkaries unentbehrlich. Generell können Läsionen durch die Anwendung fluoridhaltiger Zahnpasten arretiert werden, wenn gleichzeitig eine gute Plaquekontrolle möglich ist. Bislang sind im Zusammenhang mit Wurzelkaries nur wenige Studien zu Effekten verschiedener Fluoridverbindungen, verschieden konzentrierten Produkten und verschiedenen Applikationsformen publiziert. Da diese außerdem unterschiedlichen Studienprotokollen folgen, beispielsweise in Bezug auf die Anwendungshäufigkeiten, die Kontrollgruppen oder Begleitinterventionen, kommen systematische Übersichtsarbeiten zu etwas uneinheitlichen Ergebnissen [Chan et al., 2022, Castelo et al., 2021, Zhang et al., 2020a, Urquhart et al., 2019, Wierichs und Meyer-Lückel, 2015]. Während NaF-Lacke unterschiedlich bewertet werden, scheint eine relativ einheitliche Evidenz für Silberdiamminfluorid (SDF) und 5.000 ppm Fluoridzahnpaste zu bestehen. SDF führt zu einer sehr hohen Ablagerung von CaF2ähnlichen Präzipitaten (Reservoir für Fluoridionen) sowie zur Bildung von Silberphosphat-haltigen Präzipitaten. Weiterhin haben Silberionen eine antibakterielle Wirksamkeit. In der Zusammenschau erklären diese Wirkweisen den guten therapeutischen Effekt. SDF hat jedoch den Nachteil, dass sich dunkle Verfärbungen einstellen, was die Anwendung auf das Seitenzahngebiet oder auf Personen, für die das ästhetische Erscheinungsbild weniger von Bedeutung ist, reduziert. Die hochkonzentrierte Fluoridzahnpaste muss rezeptiert werden, was die Compliance zumindest für die dauernde Anwendung möglicherweise einschränkt. Sie zeigt jedoch eine sehr gute Effektivität sowohl in der Arretierung einer bestehenden aktiven Wurzelkaries als auch in der Prävention neuer kariöser Läsionen. Weiterhin können Fluoridlacke und -gele sinnvolle Alternativen darstellen, auch wenn keine eindeutige Evidenz für deren Wirksamkeit besteht. Für die Effektivität von fluoridhaltigen Mundspüllösungen ist die Evidenz ebenfalls nicht eindeutig, allerdings konnten einzelne Studien zeigen, dass die Verwendung einer 500-ppm-haltigen Mundspüllösung neue Läsionen verhindern kann. Eine weitere, sehr einfache Methode, die Fluoridmenge in der Mundhöhle zu erhöhen, ist, nach dem Zähneputzen nur auszuspucken und nicht auszuspülen. Es konnte gezeigt werden, dass die Fluoridmenge in der Plaque besonders nach der Anwendung von 5.000-ppmZahnpasten bis zu 30 Minuten erhöht sein kann, wenn nach dem Zähneputzen nicht ausgespült, sondern nur ausgespuckt wurde [Nordstrom und Birkhed, 2009]. Im Zusammenhang mit Wurzelkaries konnte das Verhalten nach dem Zähneputzen sogar als Risikoindikator identifiziert werden. Restaurative Therapie Eine restaurative Therapie ist angezeigt, wenn die Arretierung der Läsionen mit noninvasiven Maßnahmen nicht gelingt, aufgrund deren Ausdehnung nicht angezeigt ist oder wenn ästhetische Aspekte im Vordergrund stehen. Betont werden muss, dass die Füllungstherapie immer von Prophylaxemaßnahmen begleitet werden sollte [Meyer-Lückel et al., 2019]. Die Kavitätenpräparation und die Materialauswahl hängen von der Lokalisation der Läsion sowie von den Behandlungsmöglichkeiten ab. Bei Patientinnen und Patienten ohne eingeschränkte Behandlungsmöglichkeit kommen die üblichen restaurativen Verfahren zum Einsatz. Der Zugang zu approximalen Läsionen sollte, wenn immer möglich, von interdental versucht werden (beispielsweise im Fall von Abbildung 4). Wenn dies nicht möglich ist, erfolgt die Präparation von koronal, was jedoch oftmals erhebliche Opfer gesunder Zahnhartsubstanz erfordert. Die Versorgung der zm113 Nr. 13, 01.07.2023, (1155) Abb. 8a: Insuffiziente Klasse-VRestauration mit Wurzelkaries Abb. 8b: Darstellung des Defekts, subgingivale Wurzelkaries zervikal und mesial Fotos: Roland Frankenberger

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