Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 13

GESELLSCHAFT | 69 einer ausschließlich glücklichen Mutterschaft und dem idealisierten Kult um die Mutter-Kind-Beziehung, eine eher distanzierte Beziehung zu den Neugeborenen, das wir häufig isoliert, inmitten medizinischer Geräte sehen.“ Zur Entstehung ihrer Bilder sagte Munsky: „Ich male meine Bilder nach eigenen Fotos und mit dem Pinsel. Ich male Eingriffe in das Leben der Frau, des Kindes. Ich male Operationen, die Geburt und den Tod. Ich male meine Bilder so objektiv, so wahrheitsgemäß wie es mir möglich ist.“ Munsky bekam 1970 die Erlaubnis in der Entbindungsstation der Städtischen Frauenklinik in Berlin-Neukölln zu hospitieren und Fotos als Vorlagen für ihre späteren Gemälde und Lithografien zu machen. Oft mussten ihre Werke in Ausstellungen abgehängt werden. Von der Ausstellung „Künstlerinnen international 1877–1977“ in der Orangerie des Charlottenburger Schlosses in Berlin wurde sie zunächst ausgeschlossen, aber auf weiteren Stationen dann doch gezeigt. Vorgeworfen wurde Munsky, ihre Bilder seien nicht weiblich genug. Zur Frauenbewegung hat sie sich einmal so geäußert: „Ich habe mich immer sehr für diese Frauenbewegungsgruppen interessiert; da gab es doch Gruppen, die die Abtreibungssache unterstützt haben, und da hab ich immer gedacht: Mensch, das ist doch genau das, was Du willst, warum machst Du da eigentlich nicht mit? Aber da war halt immer die Angst, um Gottes willen, noch was, was dich auffrißt. Und es reicht dann eine Sache oder jetzt mit dem Kind zwei Sachen, die einen auffressen. Aber ich halte die Frauenbewegung für derart wichtig, und ich glaube auch, daß es das ist, was von unserer Zeit, von unseren Jahren, später übrig bleiben wird, und daß das eine Sache ist, die man hinten und vorne und überall unterstützen sollte.“ 1972 wurde sie selbst Mutter. „Noch was, was dich auffrisst“ Munksys Œuvre war auch in anderer Beziehung sehr politisch. Sie setzte sich kritisch mit der NS-Vergangenheit ihrer Familie auseinander. Ihr Vater Oskar war tief in das NS Regime verstrickt gewesen. Sie änderte ihren Vornamen von Meina in Maina und setzte den jüdischen Vornamen Miriam hinzu. Die eigentlich blondhaarige Frau färbte ihre Haare Schwarz und trug schwarze Kleidung. Sie sagte von sich, sie sei Jüdin. Beide Künstler, Munsky und Sorge, starben im Abstand von nur wenigen Wochen 1999 und 2000 an den Folgen übermäßigen Alkohol- und Nikotinkonsums. Beide wurden zusammen auf dem Alten St. Matthäus Friedhof in Berlin-Schöneberg begraben. Die Ausstellung im Wilhelm-FabryMuseum wird sicher dazu beitragen, die Künstlerin Maina-Miriam Munsky wieder einem größeren Publikum näherzubringen. Jan Schüler erzählt, dass ihre Werke, als er sie erworben hat, sehr erschwinglich waren. Ihre Kunst ist inzwischen im Preis gestiegen, aber immer noch ist Munsky nicht richtig auf dem Olymp der Malerei angekommen. Immerhin erwarb das Museum of Modern Art (MOMA) in New York eine Zeichnung einer Geburtsdarstellung von 1977 und das Städel Museum in Frankfurt am Main zeigt seit 2018 zwei Werke der Malerin. Arbeiten von ihr finden sich auch in anderen deutschen Sammlungen, etwa im Museum Kunst Palast in Düsseldorf oder in der Berlinischen Galerie. Die Ausstellung läuft bis zum 22. Oktober 2023 im Wilhelm-FabryMuseum, Benrather Str. 32a, 40721 Hilden. Es gibt ein Rahmenprogramm mit Führungen und Vorträgen (www. wilhelm-fabry-museum.de). zm113 Nr. 13, 01.07.2023, (1167) Ausschnitt aus „Elektrode“, 1973, Acryl auf Nessel Ausschnitt aus „Abdecktuch“ Ausschnitt aus „Eingriff II, (Abortus)“, 1973 Acryl auf Nessel, Sammlung Murken Ausschnitt aus „Blauer Kopf“, 1983, Acryl auf Nessel Fotos: Kay Lutze

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