Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 14

22 | TITEL zu lang: 40 Prozent hatten keine oder höchstens 15 Minuten Wartezeit, bei 23 Prozent waren es mehr als 30 Minuten. Im vergangenen Jahr mussten 18 Prozent der Angehörigen einen Arzttermin kurzfristig absagen, meist wegen einer Terminkollision, aufgrund der schlechten gesundheitlichen Verfassung des Patienten oder weil eine Begleitperson fehlte. Insgesamt sind fast 80 Prozent der befragten Probanden mit ihren Ärzten zufrieden und mehr als die Hälfte verstehen, was sie ihnen sagen, weitere 35 Prozent zumindest teilweise. Gut aufgehoben fühlen sich fast drei Viertel. Nach dem Arztbesuch geht es 70 Prozent besser, genauso viele halten sich angetroffene Vereinbarungen. Aus Sicht der Angehörigen treten Schwierigkeiten im Verlauf der Behandlung beim Facharzt am häufigsten bei Frauenärzten (22 Prozent), Zahnärzten (19 Prozent) und Augenärzten (18 Prozent) auf. In der Regel aufgrund von Verständigungsproblemen, Ängsten und Unruhe der Patienten. Am meisten Angst haben Patientinnen beim Frauenarzt: Fast 12 Prozent verweigern die Untersuchungen, auch Schmerzen und fehlendes Vertrauen werden als Probleme benannt. Über alle Facharztgruppen hinweg werden 5 bis 10 Prozent der Untersuchungen aufgrund von Schwierigkeiten nicht durchgeführt. Den Mehraufwand sehen viele Ärzte nicht adäquat vergütet Den Angehörigen zufolge werden Patienten am ausführlichsten beim Hausarzt (76 Prozent) und Zahnarzt (74 Prozent), seltener beim Orthopäden (58 Prozent) und Augenarzt (62 Prozent) beraten. Insgesamt beurteilen sechs von zehn die ambulante Versorgung als sehr gut oder völlig ausreichend. Für besonders gut halten sie die Terminabsprachen, die Offenheit im Umgang mit Menschen mit geistiger Behinderung und die Beratung. Die verfügbare Zeit der Ärzte, die Qualität der Diagnostik und die Wartezeit findet nur ein Viertel besonders gut. Ein Drittel der Angehörigen war jedoch im vergangenen Jahr mit der ambulanten medizinischen Versorgung unzufrieden, insbesondere mit der Praxiswartezeit und der Zeit für das Arztgespräch. Sie fühlten sich nicht ernst genommen oder erlebten Mitarbeiter als unhöflich und respektlos oder sie hielten die Wartezeit bis zum Termin für zu lang. Über 16 Prozent aller Angehörigen wollten sich darüber beschweren, was 7 Prozent auch taten. Die Vorsorgemaßnahmen der gesetzlichen Krankenkassen zur Krebsfrüherkennung sind bei acht von zehn Angehörigen bekannt. Präventive und gesundheitsförderliche Angebote kennen nur rund 60 Prozent. Schwierigkeiten, erfahrene Mediziner zu finden, geben sieben von zehn Angehörigen an. Auf der anderen Seite halten knapp 93 Prozent der Ärzte den GesundheitsCheck-up ab 35 Jahren und fast 73 Prozent auch Präventionskurse für die Patientengruppe für sinnvoll, aber nur 49 Prozent informieren ihre Patienten auch über diese Kurse. Gut 70 Prozent beschreiben ihre Praxisräumlichkeiten als barrierefrei und 54 Prozent als technisch eingerichtet für die besonderen Untersuchungsanforderungen, 64 Prozent bieten Hausbesuche an. Für 58 Prozent der Hausärzte ist die Untersuchung von Menschen mit geistiger Behinderung eine große zeitliche Belastung. Fast sieben von zehn geben an, wöchentlich oder täglich beruflich Kontakt zu diesen Patienten zu haben. Mehr als ein Viertel hat sich spezifisch weitergebildet. Den Mehraufwand für die Behandlung beziffern über 50 Prozent mit bis zu einem Viertel, weitere fast 30 Prozent mit bis zur Hälfte und 18 Prozent sogar noch höher. 95 Prozent sehen das in der Vergütung nicht adäquat berücksichtigt. Die Erhebung zeigt den Autoren zufolge, wie wichtig Angehörige in ihrer Vermittlerfunktion sind. Als große Hilfe sticht der Wunsch hervor, kompetente Mediziner leichter zu finden oder sogar in Versorgungszentren zu erreichen. Beim Praxisbesuch sind laut den Ergebnissen räumliche Barrieren weniger das Problem, da die Mobilität im Unterschied zu Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen selten eingeschränkt ist. Eine Herausforderung für die Patienten seien eher Ängste vor dem Arztbesuch, für die Angehörigen dagegen die Abstimmungen der Termine mit dem Job und für beide die Wartezeit in der Praxis. Dabei sei insbesondere die mit der Wartezeit verbundene Erfahrung ein kritisches Moment. Belastend werde die teils ängstliche Anspannung der Patienten vor Untersuchungen erlebt, aber auch die Situation im Wartezimmer. Fazit: Angehörige sind wichtige Vermittler! Zu beachten sei, dass ein Drittel der Angehörigen in den vergangenen zwölf Monaten kritische Erfahrungen in Praxen gemacht hat, für 16 Prozent waren diese so störend, dass sie eine Beschwerde in Betracht zogen. Dass nur ein kleiner Teil sich dann auch tatsächlich beschwert hat, zeigt den Autoren zufolge, wie schwer es fällt, solche Erfahrungen anzusprechen. „Eine für Kritik offene Haltung in Praxen oder gar ein aktives Erfragen, was Patienten kritisch auffällt, könnten hilfreich sein, dies zu verbessern", bilanzieren die Autoren. Bei der medizinischen Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung ist es den Autoren zufolge sehr wichtig, sowohl deren Bedürfnisse und Anforderungen als auch ihre Angehörigen aktiv einzubeziehen. Das gelte schon für die Terminvereinbarung und die Praxiswartezeiten. Auch die medizinischen Besonderheiten und eine gute Beziehung der Ärzte zu den Patienten und Angehörigen während der Untersuchung seien von großer Bedeutung, weshalb Fortbildungen gefördert werden sollten. Als praktische Hilfen sollten Listen mit Praxen erfahrener Behandelnder verfügbar sein. Zudem wäre eine wohnortnahe interdisziplinäre und interprofessionelle Versorgungsmöglichkeit und für spezielle Bedarfe auch der Ausbau erreichbarer Versorgungszentren (MZEB) wünschenswert. ck Die Studie: Wellkamp R, de Cruppé W, Schwalen S, Geraedts M: Menschen mit geistiger Behinderung (MmgB) in der ambulanten medizinischen Versorgung: Barrieren beim Zugang und im Untersuchungsablauf [People with intellectual disabilities (ID) in outpatient medical care: barriers to access and treatment process]. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2023 Feb;66(2):184-198. German. doi: 10.1007/s00103-023-03655-x. Epub 2023 Jan 16. PMID: 36645472; PMCID: PMC9892072. zm113 Nr. 14, 16.07.2023, (1212)

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