Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 14

36 | ZAHNMEDIZIN zm113 Nr. 14, 16.07.2023, (1226) oralen Verhältnissen und dem systemischen Gesundheitszustand zutage. Dass die Zahnmedizin mit vielen, teils schweren Allgemeinerkrankungen verknüpft ist, ist mittlerweile unbestritten. Dieses neue Wissen erfordert auch eine Weiterentwicklung der professionsethischen Betrachtungen – hierzu gab der Vortrag von Prof. Dr. mult. Dominik Groß (Aachen) Impulse. Ethisch geboten: der Zahnarzt als Lotse Wenn die Wissenschaft zeige, dass der Zahnarztbesuch ein enormes Potenzial bezüglich der Früherkennung nicht-oraler Krankheiten hat, dann müsse dieses Potenzial aus ethischer Sicht auch ausgeschöpft werden. Groß nannte Diabetes mellitus (Parodontitis, Schleimhauttrockenheit, Wundheilungsstörungen, erhöhte Kariesanfälligkeit, Durstgefühl, erhöhte Urinausscheidung) und akute Leukämien (Gingivahyperplasien, Blutungsneigung, blaue Flecken) als Beispiele und betonte die mögliche Lotsenfunktion der Zahnmedizin bei der Früherkennung dieser Erkrankungen. Sowohl individualethisch (Benefizienzgebot) als auch sozialethisch (Public-Health-Ethik) sei ein engeres Zusammenrücken von Medizin und Zahnmedizin geboten, so Groß. Dazu gehöre auch eine Verbesserung der Schnittstellen zwischen Medizin und Zahnmedizin in der Ausbildung. Digitale Workflows und Techniken fanden sich dieses Mal nicht im Hauptprogramm, sondern in einer kleinen, aber sehr beachtenswerten Session der Deutschen Gesellschaft für computergestützte Zahnheilkunde (DGCZ). Die Grundidee des sogenannten Dynamischen Digitalen Modells (DDM) besteht darin, bei jeder zahnärztlichen Kontrolluntersuchung das Gebiss des Patienten mit dem Intraoralscanner zu scannen, so dass Veränderungen zum vorherigen Termin identifiziert werden können. So entsteht im Laufe der Zeit eine digitale Gebissbiografie, die bislang unbekannte diagnostische Einblicke erlaubt und auch Überraschungen bereithält, wie Dr. Bernd Reiss (Malsch), Vorsitzender der ArbeitsgeWO DIE GLÜCKLICHEN ZAHNÄRZTINNEN UND ZAHNÄRZTE ARBEITEN Konstantin von Laffert, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer und Präsident der Zahnärztekammer Hamburg, eröffnete den Zukunftskongress der Bundeszahnärztekammer mit seinem Vortrag „Wo die glücklichen ZahnärztInnen arbeiten“. Er trug zunächst Faktoren zusammen, die allgemein für die Berufszufriedenheit beziehungsweise -unzufriedenheit entscheidend seien. Dazu zählten zunächst die Umgebung des Arbeitsplatzes, die hierarchische Position, die objektive und die subjektiv wahrgenommene Entscheidungsfreiheit sowie Stress durch Pendeln. In der Summe könne man aus verschiedenen Studien dabei das Fazit herauslesen: mehr Selbstbestimmung mache zufriedener. Im Berufsleben stünden grundsätzlich die Pole der Verausgabung (Anforderungen und Verpflichtungen) und der Belohnung einander gegenüber. Idealerweise überwiege dabei die Belohnung (Arbeitsplatzsicherheit, Gehalt, Anerkennung). Befragungsergebnisse des IDZ zeigten allerdings, dass die Zufriedenheit im Zahnmedizinstudium verhältnismäßig gering ist und dort die Belastung überwiegt, wohingegen in der Assistenzzeit die Zufriedenheit deutlich ansteigt. Viele Zahnärztinnen und Zahnärzte seien nach wie vor bereit, auf hohem Niveau für eine eigene Praxis zu investieren – insbesondere im Hinblick auf den Wunsch nach Selbstständigkeit/Freiberuflichkeit, den Kontakt mit Menschen und die Möglichkeit, einen Heilberuf auszuüben. Demgegenüber stünden die negativen Faktoren der staatlichen Reglementierung sowie der Umfang der Verwaltungsarbeiten. Von Laffert zitierte hier den großen Berufe-Check der FAZ: „Der Beruf des Zahnarztes macht einfach glücklich.“ Was ist es aber konkret, das Zahnärztinnen und Zahnärzte so zufrieden macht? Von herausragender Bedeutung scheine die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu sein. Interessanterweise nennen die befragten ZahnärztInnen dies als häufigstes Kriterium sowohl für eine Anstellung (feste Arbeitszeiten) als auch für die eigene Niederlassung (Flexibilität als eigener Chef als Möglichkeit für eine ausgewogene WorkLife-Balance). Und: Die Berufszufriedenheit der Zahnärztinnen steige nicht nur mit dem Einkommen, sondern auch mit der Kinderzahl. Ausschlaggebend für Unzufriedenheit im Beruf seien unter anderem ein schlechtes Arbeitsklima, die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Überlastung oder ständiges Pendeln. Zahlen der apoBank zeigen, dass das Alter von ZahnärztInnen, die sich niederlassen, tendenziell steigt: Bei Männern liegt es bei 35,7, bei Frauen bei 37,7 Jahren. Die Kosten einer Neugründung lägen bei durchschnittlich 567.000 Euro. Frauen würden scheinbar eher zur Gründung einer Einzelpraxis neigen, während Männer eher zu einer Gemeinschaftspraxis tendierten. Von Laffert fasste zusammen: Glückliche ZahnärztInnen arbeiten selbstständig. Sie seien frei in der Zeiteinteilung, würden sich mit Abrechnung auskennen, ließen sich ihre Leistung adäquat bezahlen und bauten sich ihr eigenes Team. Selbstständigkeit hieße selbst gestalten, selbst entscheiden und besser verdienen als im Angestelltenverhältnis. nl Von Laffert referierte auf dem Zukunftskongress der Bundeszahnärztekammer über Berufszufriedenheit in der Zahnmedizin. Foto: zm/nl

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