44 | ZAHNMEDIZIN FORTBILDUNG „ALTERSZAHNMEDIZIN“ Prothetische Therapie beim älteren Patienten Ramona Schweyen, Dirk Bleiel, Jeremias Hey, Hannah Bleiel Das chronologische Alter im dritten oder im vierten Lebensabschnitt erlaubt keine Beurteilung der Konstitution und damit der Belastbarkeit eines Menschen. Mit der Zunahme funktioneller Einschränkungen und einer nachlassenden Mundhygiene ist es insbesondere im fortgeschrittenen Alter für eine individuelle Behandlung relevant, Aspekte über die körperliche, die seelische und die geistige Verfassung einfließen zu lassen. Zur Beurteilung der Möglichkeiten einer zahnärztlich-prothetischen Versorgung bei betagten Patienten stellen die zahnmedizinische funktionelle Kapazität beziehungsweise die Belastbarkeitsstufen ein nützliches Instrument dar [Nitschke et al., 2012]. Dieses beinhaltet vier Stufen, die die Kriterien Therapiefähigkeit, Mundhygienefähigkeit und Eigenverantwortlichkeit berücksichtigen. Im Gespräch mit dem Patienten, gesetzlichen Vertretern oder Angehörigen werden Informationen über die Kriterien gesammelt, um eine Zuordnung zu ermöglichen (Tabelle 1). Die Belastbarkeitsstufe (BS) beziehungsweise die zahnmedizinisch funktionelle Kapazität eines alternden Patienten kann sich schnell verschlechtern. Der folgende Patientenfall verdeutlicht die Notwendigkeit der regelmäßigen Anpassung in Abhängigkeit vom sich verändernden Gesamtzustand. Eine 74-jährige Patientin erhielt eine Modellgussprothese im Oberkiefer zur Abdeckung einer Mund-AntrumVerbindung infolge der Resektion eines malignen Befunds im Bereich des Alveolarfortsatzes rechtsseitig (Abbildung 1). Trotz mehrfacher Umarbeitungen gelang eine Adaption an den Zahnersatz nicht. Die Patientin empfand die Klammern als zu scharf und spitz. Zudem störte sie sich an der Ästhetik. Die Mundhygiene war gut, nur wenige Zähne besaßen eine Füllung. Es bestand eine hohe Erwartungshaltung an den Zahnersatz. Bezogen auf die Belastbarkeit lagen zum damaligen Zeitpunkt trotz der Malignomtherapie keine Einschränkungen vor (BS 1). Dem Wunsch der Patientin nach einem Klammer-freien Zahnersatz konnte mit regulärem Therapieaufwand entsprochen werden Foto: Jeremias Hey zm113 Nr. 14, 16.07.2023, (1234)
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