ZAHNMEDIZIN | 49 Beides beeinflusst den Prothesenhalt negativ und erhöht das Risiko von Druckstellen. Dentale Haftcreme kann eine einfache und wirksame Option sein, um den Halt und die Stabilität der Prothesen beim Kauen sowie beim Sprechen zu verbessern und so die Lebensqualität der Patienten zu erhöhen. Es gilt darauf zu achten, eine Haftcreme zu verwenden, die einen geringen Zinkgehalt aufweist. Studien konnten bestätigen, dass sich hohe Mengen an Zink in dentalen Haftmitteln neurotoxisch auswirken können. Auf dem Markt sind Zink-freie beziehungsweise Haftcremes mit sehr geringem Zinkgehalt erhältlich, die bei langfristiger Anwendung als unkritisch gelten. Eine Alternative zu klassischen Haftcremes können „thermoplastische“ Haftgele/-cremes darstellen. Deren Wirksamkeit konnte in einer im Journal of Prosthodontics veröffentlichten Studie bestätigt werden. Es zeigte sich, dass jene über einen vergleichbaren und teilweise besseren Prothesenhalt bei höherer Widerstandsfähigkeit gegenüber Verunreinigungen als konventionelle Haftcremes verfügen. Gleichsam konnte kein relevantes Toxizitätsoder Reizungsrisiko aufgezeigt werden. Derzeit gelten sie als gut verträglich, unerwünschte Reaktionen sind selten. Langzeitunterfütterung Nicht nur als Haftcreme, sondern auch zur Langzeitunterfütterung können sich diese Materialien eignen. Der oftmals reduzierte Muskeltonus älterer Menschen erschwert es ihnen, in der Abformzeit üblicher Abformmassen die Funktionsbewegungen in ausreichendem Ausmaß durchzuführen, um Prothesenextensionen und somit Druckstellen zu vermeiden. Insbesondere Funktionsränder sowohl im Oberkiefer als auch im Lingualbereich des Unterkiefers lassen sich mit „thermoplastischen“ Haftcremes optimieren. Sofern erforderlich, sollten die Prothesenränder im Bereich von Druckstellen und am Ansatz von Bändern ausgeschliffen werden. Die Haftcreme wird im Wasserbad bei etwa 70° C einige Minuten erwärmt. Vor dem Auftragen sollte die Prothese gut getrocknet sein. Die Anwendung eines Haftvermittlers ist nicht erforderlich. Die thermoplastische Masse wird auf dem Prothesenrand appliziert. Befeuchtete Handschuhe oder Vaseline sind hilfreich, damit das Material nicht am Handschuh festklebt. Die manuelle Adaptation hilft, die Temperatur der Masse zu beurteilen. Bei einer Wassertemperatur von 70° C können Verbrennungen der Mundschleimhaut in der Regel vermieden werden. Der Zahnersatz wird anschließend eingesetzt. Es sollte darauf geachtet werden, das weiche Material beim Einsetzen nicht vorzeitig zu verdrücken, bevor das Vestibulum ausgeformt werden kann. Nach einer Tragedauer von 24 h bis zu einer Woche kann der Zahnersatz nun mit einem Haftadhäsiv und dünnfließendem Elastomer feinkonturiert und regulär unterfüttert werden (Abbildung 6). Neben thermoplastischen Haftcremes ist auch die Wirksamkeit von Tissue Conditionern zur Trageverbesserung von schleimhautgelagertem Zahnersatz gut belegt. Mehrere Studien haben gezeigt, dass der temporäre Einsatz von Tissue Conditionern als viskoelastisches Gel erhebliche Vorteile bieten kann. Tissue Conditioner können die Produktion von Wachstumsfaktoren und Zytokinen anregen, die eine entscheidende Rolle bei der Heilung und der Regeneration von Gewebe spielen zm113 Nr. 14, 16.07.2023, (1239) Abb. 6a: Totalprothese mit rezidivierenden Druckstellen und mäßigem Halt Abb. 6b: Ausformung des Prothesenrandes mit thermoplastischem Unterfütterungsmaterial Abb. 6c: Ausgeformte Prothesenbasis nach siebentägiger Tragedauer mit thermoplastischem Unterfütterungsmaterial Abb. 6d: Die basal und vestibulär langzeitausgeformte Prothese wird chairside mit dünnfließendem Polyether abgeformt und zur definitiven Unterfütterung ins zahntechnische Labor gegeben. Abb. 6e: Fertiggestellte Unterfütterung Fotos: Jeremias Hey
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