Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 14

ZAHNMEDIZIN | 51 Zahnersatz eher umzuarbeiten, anstatt neu zu konstruieren. Im folgenden Beispiel wurden diese Überlegungen umgesetzt (Abbildung 8). Der Verlust eines prothesendynamisch relevanten Pfeilerzahns konnte durch den größeren Abstand zur Doppelkrone mithilfe eines Locators ausgeglichen werden. Das Implantat wurde interforaminär an der Position 44 simultan zur Extraktion des Zahnes 43 gesetzt. Die Prothese musste anschließend nur unterfüttert und die Locatormatrize einpolymerisiert werden. Die Behandlung konnte so mit einer Mindestzahl an notwendigen Behandlungsterminen durchgeführt werden (Abbildung 8). Neuanfertigung von Zahnersatz Mitunter sind Neuanfertigungen allerdings bei Patienten der BS 3 und 4 unvermeidbar. Wann immer möglich sollte der Nutzen minimalinvasiver Konzepte bedacht werden. Replicadenture Bei Totalprothesen lässt sich dies beispielsweise durch die ReplicadentureTechnik umsetzen. Die digitale Technologie hat dieses Verfahren nochmals vereinfacht. In der ersten Behandlungssitzung wird der bestehende Zahnersatz auf seine Mängel geprüft. Diese werden soweit möglich provisorisch am Zahnersatz korrigiert beziehungsweise an diesem markiert (Abbildung 9). Hierzu gehören der Aufbau der Stützkontakte und/oder die Registrierung der Prothesen in regelrechter Kieferrelation, die Ausformung und Anpassung der Prothesenränder und -basis ans Tegument, die Kennzeichnung der Lage der mittleren oberen Schneidezähne, aber auch die Übertragung der regelrechten Ausrichtung der Kauebene. Der so umgestaltete Zahnersatz kann mittels Intraoralscanner digitalisiert oder ins Labor zum Scannen gegeben werden. Nach der Informationsaufnahme werden die provisorischen Veränderungen wieder entfernt und der Patient erhält seinen unversehrten Zahnersatz zurück. Im Labor kann anhand der Datensätze der optimierten Prothesen ein neuer Zahnersatz konstruiert werden. Dieser sollte gegenüber dem alten Zahnersatz nur so viel Veränderung wie nötig aufweisen, damit eine einfache und schnelle Adaptation gelingt. In der zweiten Behandlungssitzung können die neuen Prothesen im Idealfall bereits eingesetzt werden. Konzepte zur Verbesserung der Prothesendynamik Zur Steigerung des Halts von Totalprothesen kann auch ein einzelnes Implantat als minimalinvasive Behandlungsoption eine erhebliche Verbesserung darstellen (Abbildung 10). Zahnmedizinische Bemühungen zur Verbesserung der Mundgesundheit von in ihrer Belastbarkeit stark reduzierten Patienten sind in ihrer Wirksamkeit in hohem Maße an die Compliance der Pflegenden gebunden. Nicht selten gehen viele Maßnahmen im Pflegealltag unter, so dass die Zerstörung der verbliebenen Zähne oftmals zur unvermeidbaren Realität gehört. Bei der Entfernung von Zähnen beziehungsweise Wurzelresten sollte deren möglicher Nutzen zum Erhalt des Kieferknochens in Betracht gezogen werden. Der Zahnverlust und die damit verbundene Resorption führen zu erheblichen Veränderungen in der Form und der Größe des Alveolarknochens. Inwieweit Restzähne erhaltungswürdig sind, muss patientenindividuell entschieden werden. Insbesondere bei Patienten mit hoher Belastbarkeitsstufe und allgemeinmedizinischen Risiken kann eine Extraktion mit erheblichen Komplikationen verbunden sein. Bereits vor 40 Jahren hat man sich die Frage gestellt, inwieweit das Belassen von Wurzelresten bei Patienten mit hoher BS therapeutisch sinnvoll sein kann, um den alveolären Knochenabbau zu verhindern. In einzelnen klinischen Fallberichten wurde der Verbleib von Wurzelresten unter dem prothetischen Zahnersatz untersucht. Dabei wurden sowohl kanalgefüllte und abgedeckte Wurzelreste beobachtet als auch Wurzelreste, die nicht weitergehend behandelt wurden. Interessanterweise wurden n = 37 Patienten in acht Studien dokumentiert, bei denen keine endodontische Behandlung der verbliebenen Wurzelreste stattfand [Bowles et al., 1983; Cook et al., 1977; Dugan, et al., 1981; Garver et al., 1978; Guyer, 1975; Masterson, 1979; Murray et al., 1979; Sharma et al., 2012]. Jedoch zm113 Nr. 14, 16.07.2023, (1241) Abb. 9d: Neu angefertigter Zahnersatz in situ. Foto: Ramona Schweyen Abb. 9c: Digital werden die zu erhaltenden Informationen des alten Zahnersatzes (zum Beispiel die basale Ausformung) übernommen und die erforderlichen Änderungen umgesetzt. Foto: Jeremias Hey Abb. 9b: Am vorhandenen Zahnersatz werden die zu korrigierenden Aspekte (Kieferrelation, Kauebene, etc.) visualisiert. Abb. 9a: Patient mit Zustand nach Apoplex und erneuerungsbedürftigen Totalprothesen

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=