Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 14

ZAHNMEDIZIN | 67 des Muskarinrezeptors, während Cevimelin speicheldrüsenspezifisch agiert [Turner, 2016]. Aphthöse Mundschleimhauterkrankungen Aphthöse Mundschleimhautulzerationen werden definiert als Läsionen, bei denen es durch eine bekannte Ursache zu einer Schädigung der Mundschleimhaut kommt und deren Therapie in der Beseitigung dieser Ursache liegt. Verschiedene Arzneimittel werden mit der Entstehung aphthöser Mundschleimhautveränderungen (Abbildung 3) in Verbindung gebracht. Darunter finden sich insbesondere Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR/NSAID), β-Blocker, ACE-Hemmer, Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SSRI) und Medikamente zur Therapie der Angina pectoris [Shah et al., 2016]. Medikamenteninduzierte Ulzerationen sind typischerweise im Bereich des Zungenrandes lokalisiert und resistent gegenüber herkömmlichen Therapiemaßnahmen [Munoz-Corcuera et al., 2009]. Die ursächliche Behandlung der häufig sehr schmerzhaften Läsionen besteht in der Beendigung der auslösenden Therapie. Topische Maßnahmen zur Symptomlinderung sind Anästhetika wie Lidocain-Gel, Chlorhexidin-Mundspülung in Kombination mit Kamillenextrakt, Polidocanol-Paste oder analgetische Lutschtabletten [Soto et al., 2016]. Burning mouth syndrome Bei dem sogenannten „burning mouth syndrome“ handelt es sich um ein Erkrankungsbild multifaktorieller Genese, das sich durch ein brennendes Gefühl, häufig im vorderen Drittel der Zunge, auszeichnet. Die Prävalenz liegt weltweit bei 1 bis 4,8 Prozent und geht in der Hälfte aller Fälle mit Xerostomie und Geschmacksstörungen einher. Da es in der wissenschaftlichen Literatur keine einheitliche Diagnoseklassifikation gibt, handelt es sich bei dem Krankheitsbild häufig um eine Ausschlussdiagnose [Soto et al., 2016]. Fibrovaskuläre Hyperplasie Eine Hyperplasie der Gingiva (Abbildung 4) tritt zuweilen als Nebenwirkung der Therapie mit Antiepileptika, Immunsuppressiva oder Antihypertensiva auf. Durch eine Zunahme der Extrazellulärmatrix im gingivalen Bindegewebe nimmt das gingivale Volumen zu. Innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der medikamentösen Therapie kann es bereits zu einer Verdickung der Interdentalpapillen kommen. Die anschließende Zunahme des Gingivavolumens führt nicht nur zu ästhetischen Beeinträchtigungen, sondern schränkt auch die orale Hygienefähigkeit ein, was den Patienten für das Auftreten einer Parodontitis anfälliger macht [Soto et al., 2016]. Effekte der Polymedikation auf die Pharmakotherapie Pharmakotherapie bei älteren Patienten Während des Alterungsprozesses kommt es zu physiologischen Veränderungen der Hämostase, einer Umverteilung der Volumina und einer Reduktion der funktionellen Reserven. Pharmakokinetik beschreibt die Absorption, die Verteilung, die Transformation und die Elimination von Wirkstoffen im menschlichen Körper. Diese Prozesse können entweder einzeln oder in ihrer Gesamtheit durch Alterungsprozesse beeinflusst werden. Durch den erhöhten Fett- und den reduzierten Wassergehalt des Körpers verändert sich die Verteilung von Arzneimitteln und kann bei lipophilen Substanzen zu einer verlängerten Wirkdauer und im Fall hydrophiler Stoffezu einer gesteigerten Plasmakonzentration führen. Analog der verringerten Proteinbindung von Wirkstoffendurch eine im Alter reduzierte Menge Albumin können erhöhte Plasmakonzentrationen die Wahrscheinlichkeit für toxische Effekte erhöhen [Ouanounou et al., 2015]. Nicht zuletzt werden auch die Transformation und die Elimination von Arzneimitteln durch eine verringerte Organfunktion von Leber und Niere negativ beeinflusst [Ouanounou et al., 2015]. Bei der Pharmakodynamik handelt es sich um die Beschreibung der Wirkung einer Substanz im menschlichen Körper, die entweder aufgrund physiologischer oder aufgrund pathologischer Veränderungen beeinträchtigt sein kann. Mit dem Alterungsprozess geht eine erhöhte Sensibilität des zentralen Nervensystems für neuroaktive Substanzen wie Benzodiazepine, Anästhetika und Opioide einher. Insbesondere in der Zahnmedizin impliziert dies eine erhöhte Vorsicht bei der Nutzung solcher Substanzen. Unter der Anwendung von Sedativa kann es zu verlängerten Wirkzeiten kommen; Nebenwirkungen treten gehäuft auf. Sedierungen sollten insofern nur unter sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung und von entsprechend geschultem Personal durchgeführt werden [Ouanounou et al., 2015]. Ergänzend zu den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln kommt es mit zunehmendem Alter zu einer gehäuften Nutzung von nicht verschreibungspflichtigen Mitteln, den sogenannten „Over-the-counter“- Medikamenten. Meist handelt es sich dabei um Schmerzmittel, Laxantien, Vitamine und Naturheilmittel. Doch gerade solche pflanzlichen Mittel können eigenständig oder durch die Beeinflussung enzymatischer Prozesse die pharmakologische Wirkung eingenommener Arzneimittel maßgeblich beeinflussen. Gingko, Ginseng, Knoblauch oder Ingwer besitzen thrombozytenaggregationshemmende Eigenschaften und können die Effekte von Antikoagulanzien und Thrombozytenaggregationshemmern wie zm113 Nr. 14, 16.07.2023, (1257) Abb. 3: Aphthe im Bereich der Lippe Abb. 4: Hyperplastische Gingiva periimplantär Fotos: Universitätsmedizin Mainz

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