74 | GESELLSCHAFT zm113 Nr. 14, 16.07.2023, (1264) Menschen sind verschieden. Darum haben Werbeunternehmen Hunderttausende Parameter, mit denen Sie NutzerInnen detailliert beschreiben. Der Datenschutz scheint dabei nicht so wichtig wie der Profit. Foto: Liza - stock.adobe.com wahl an Verbrauchern boten, die nach Stimmung und psychischer Gesundheit gruppiert waren“, schreibt das USPortal The Markup. Und zitiert Adam Schwartz, einen der leitenden Anwälte der US-Nichtregierungsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF), die sich für informationelle Selbstbestimmung einsetzt. Der sieht in den Bemühungen der Online-Werbebranche, Menschen derart gezielt anzusprechen „eine der größten Bedrohungen für den Datenschutz“. ... und dabei ignorieren wir den Datenschutz Besonders alarmierend sei, so Schwartz, dass die Datenbroker auch Informationen über reproduktive Gesundheit sammeln – die nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch zu kippen, justiziabel sind. Nach dem Urteil hatte eine Vielzahl von Bundesstaaten den Zugang zu Abtreibungsmedikamenten erschwert oder Schwangerschaftsabbrüche ganz verboten. Immerhin: Im Anschluss an die Entscheidung des Supreme Courts haben 2023 mehrere US-Bundesstaaten versucht, gesundheitsspezifische Datenschutzgesetze zu verabschieden. Die sollen die Erhebung, die Weitergabe und den Verkauf personenbezogener Gesundheitsdaten, die nicht den bisherigen Regeln für vertrauliche Gesundheitsdaten unterliegen, einschränken. Zum jetzigen Zeitpunkt haben drei Bundesstaaten – Washington, Nevada und Connecticut – derartige Gesetze verabschiedet, die Gesundheitsdaten von Verbrauchern weit fassen und eine Opt-in-Einwilligung des Verbrauchers erfordern, bevor Unternehmen diese erheben oder weitergeben dürfen. Außerdem sehen alle drei Gesetze einen strengeren Standard für die Einwilligung vor dem Verkauf dieser Daten vor und verlangen, dass betroffene Unternehmen eine schriftliche und unterschriebene Einwilligung des Verbrauchers einholen. Die Gesetze enthalten auch Verbote, ab einem Umkreis von 50 Metern um Gesundheitseinrichtungen herum – einschließlich Krankenhäusern und Kliniken – die Technik des sogenannten Geofencing zu verwenden. Das bedeutet, dass die Werbetreibenden hier nicht mehr die Smartphone-Standortdaten in Echtzeit für gezielte Werbemaßnahmen verwenden dürfen. mg DEUTSCHE BEHÖRDEN SCHALTEN SICH EIN Vom Vorgehen des Datenmarktplatzes Xandr sind nicht nur Millionen Deutsche betroffen, sondern es sind auch zahlreiche deutsche Firmen an dem Geschäft mit den Daten beteiligt. „Sieben deutsche Datenhändler haben ihre Zielgruppen bei Xandr feilgeboten, darunter Tochterunternehmen der Milliardenkonzerne Deutsche Telekom und ProSiebenSat1“, schreibt netzpolitik.org. Zudem seien zahlreiche weitere deutsche Firmen und Websites als Datenquellen erkennbar. Als Reaktion auf die Recherche stellten darum die Datenschutzbehörden in Berlin, Hamburg, Bayern und Baden-Württemberg in Aussicht, die Branche und die in den Berichten genannten Unternehmen genau prüfen zu wollen. Es sei fraglich, ob die Verarbeitung derart detaillierter wie sensibler Daten nach der DatenschutzGrundverordnung (DSGVO) zulässig sei und ob die betreffenden Unternehmen eine wirksame Einwilligung bei den Betroffenen eingeholt hätten. Aufgrund der Komplexität der Vorgänge werde diese Prüfung einige Zeit in Anspruch nehmen, hieß es von den Behörden. In der Zwischenzeit raten die Datenschützer den Menschen, von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch zu machen. Wie sich dieses Recht ganz konkret einfordern lässt, beschreibt das Portal netzpolitik.org für alle in der Datei enthaltenen Datenhändler in einem ausführlichen Tutorial (QR-Code).
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