Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 15-16

PRAXIS | 39 Zahnärztin Yuliia Alieksieieva aus Kiew nach Köln geflüchtet war und Unterstützung suchte. „Also habe ich kurzerhand Kontakt zu ihr aufgenommen und ihr eine Hospitation in meiner Praxis angeboten“, erläutert Zalesski. „Den Geflüchteten zu helfen, ist doch Bürgerpflicht!“ Für Alieksieieva war dies ein Segen. „Statt ständig vor dem Fernseher die neuesten Nachrichten zu verfolgen, konnte ich mehrmals die Woche in die Praxis kommen. Etwas Deutsch lernen und mich in einer vertrauten Umgebung aufhalten.“ Diese Routine habe ihr sehr geholfen, das Erlebte zu verarbeiten. Und doch sei der Neustart in der Praxis nicht leicht gewesen. Alieksieieva kannte weder die Mentalität der Deutschen noch konnte sie die Sprache. „Hinzu kamen immer wieder Panikattacken“, erinnert sich Zalesski. „Insgesamt musste das gesamte Praxisteam sehr sensibel mit der neuen Kollegin umgehen.“ Doch Zalesski sieht es als seine Bürgerpflicht an, den Geflüchteten in Deutschland zu helfen. Mittlerweile konnte er zwei weitere Zahnärztinnen aus der Ukraine in sein Team aufnehmen: Maria Khariuk kam Anfang Juni 2022 nach Deutschland. Vier Tage saß die 28-jährige mit ihrer Tochter, ihrer Schwester und vielen Bekannten in einem Kleinbus, um von Czernowitz nach Köln zu kommen. Drei Tage hat sie allein an der Grenze nach Polen im Stau gestanden. In den Sozialen Medien hatte sie von der Ausschreibung der Zahnarztpraxis gelesen, dass ukrainische Zahnärzte willkommen sind. „Ich hatte in der Ukraine gerade mein Studium beendet, als der Krieg ausbrach“, erzählt Khariuk. Auch sie absolvierte zunächst ein Praktikum in der Praxis Zalesski, seit September 2022 unterstützt sie das Team. Genau wie Hanna Kotliarenko, die dritte Ukrainerin im Team, ebenfalls frischgebackene Zahnärztin. Beide wollen nicht mehr zurück in die Heimat, sondern ihre Karriere als Zahnärztin in Deutschland beginnen. „Ich mache einen Deutschkurs und möchte meine Sprache verbessern“, erzählt Khariuk. Ihre Abschlüsse wurden bei der zuständigen Zulassungsbehörde bereits zur Prüfung eingereicht. Auch Alieksieieva wartet noch auf die Anerkennung ihrer Berufsunterlagen. Diese hat sie bereits vor Monaten an die Bezirksregierung in Münster als zuständige Zulassungsbehörde geschickt. „Ich hoffe, dass ich die erforderliche Anerkennung bald bekomme“, sagt sie. Zurück in ihre Heimat möchte sie ebenfalls nicht mehr. „Ich war Weihnachten bei meiner Familie in der Ukraine“, berichtet Alieksieieva. Die Menschen setzten dort ihr bisheriges Leben, so gut es eben gehe, fort – mit Einschränkungen, mal ohne Wasser, Strom oder Internet. „Ich finde es grausam, dass man sich an Luftangriffeund Bomben gewöhnt. Ich war froh, als ich nach Weihnachten wieder in Deutschland war“, gesteht Alieksieieva. Die ständige Angst und Bedrohung durch zm113 Nr. 15-16, 16.08.2023, (1357) Hanna Kotliarenko hat ihr Zahnmedizinstudium in der Ukraine absolviert – jetzt will sie als Zahnärztin in Deutschland arbeiten. Foto: privat WARUM DAUERT DIE ANERKENNUNG DER BERUFSUNTERLAGEN SO LANGE? Wie die Bezirksregierung Münster auf Nachfrage mitteilt, hängt die Wartezeit bis zur Erteilung einer Approbation immer vom konkreten Einzelfall ab. Voraussetzung für die Erteilung einer Berufserlaubnis ist zunächst, dass eine abgeschlossene zahnmedizinischen Ausbildung nachgewiesen werden kann. Dies erfordert das Einreichen vollständiger Unterlagen unter Beachtung der geltenden Formvorschriften. Insbesondere dies nehme im Allgemeinen „sehr viel Zeit in Anspruch, was in variierenden Bearbeitungszeiten resultiert“, schreibt die Bezirksregierung Münster. Weitere Voraussetzung ist die Gleichwertigkeit der Ausbildung im Herkunftsland mit der Ausbildung in Deutschland. Sie kann überprüft werden durch die Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe (GfG) im Rahmen einer dokumentenbasierten Gleichwertigkeitsprüfung. Dafür ist unter anderem die Vorlage von Curricula, Stunden-, Fächer- und Notenübersichten notwendig. Alternativ kann die Gleichwertigkeit durch erfolgreiche Teilnahme an einer Kenntnisprüfung bei der Zahnärztekammer nachgewiesen werden. Wie die Zahnärztekammer Nordrhein uns berichtet, wird die Klausur zur Kenntnisprüfung gemäß den Vorgaben der Approbationsordnung für Zahnärztinnen und Zahnärzte (ZApprO) zweimal im Jahr durchgeführt. Jeder „Erst“-Gemeldete erhalte somit definitiv die Gelegenheit zur Teilnahme. Die Wartezeit für die Teilnahme an der Klausur sei jedoch abhängig von dem Meldezeitpunkt des Kandidaten bei der Zahnärztekammer, die darauf keinen Einfluss habe. Bei den Fachsprachprüfungen beträgt die Wartezeit für die Erstteilnehmer laut Kammer ungefähr vier Monate. Die Nachfrage sei seit vielen Jahre unverändert hoch. Die Zahnärztekammer Nordrhein tut derzeit alles erdenklich Mögliche, um die Wartezeit der Kandidatinnen und Kandidaten zu verkürzen, beispielsweise durch ein umfänglich vergrößertes Prüferpool.

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