Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 15-16

48 | POLITIK WELTGESUNDHEITSORGANISATION Ist Aspartam krebserregend? Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Süßstoff Aspartam jetzt als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft. Sofort regt sich Kritik – auch aus der WHO selbst. Der Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe sieht „keine überzeugende Evidenz“. Das gilt auch für die US-Lebensmittelbehörde FDA. Mitte Juli haben die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) und der Gemeinsame Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA) der WHO und die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen ihre Bewertung der gesundheitlichen Auswirkungen des zuckerfreien Süßstoffs Aspartam veröffentlicht. Diese sorgen für Irritation: Unter Berufung auf „begrenzte Beweise“ für die Karzinogenität stufte die IARC Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ für den Menschen ein. Der JECFA widersprach indirekt: Faktisch erwachse aus dieser Bewertung kein Risiko im regelhaften Anwendungsfall. Die zuletzt gültige, akzeptable tägliche Aufnahme von 40 Milligramm pro Kilo Körpergewicht und Tag könne weiterhin als unbedenklich gelten. Aspartam ist ein chemischer Süßstoff, der seit den 1980er-Jahren in vielen Lebensmittel- und Getränkeprodukten enthalten ist, darunter in Diätgetränken, Kaugummis, Gelatine, Eiscreme, Milchprodukten wie Joghurt, Frühstücksflocken, Zahnpasta und Medikamenten, aber auch in Hustenbonbons und Kauvitaminen. Trotz weniger Studien nutzt man Aspartam seit 40 Jahren „Krebs ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit. Jedes Jahr stirbt einer von sechs Menschen an Krebs. Die Wissenschaft ist ständig bemüht, die möglichen auslösenden oder begünstigenden Faktoren von Krebs zu bewerten, in der Hoffnung, diese Zahlen und den menschlichen Tribut zu verringern“, betonte Dr. Francesco Branca, Direktor der Abteilung Ernährung und Lebensmittelsicherheit der WHO in einer Mitteilung (https://bit. ly/zm_WHO_Aspartam). „Die Bewertungen von Aspartam haben gezeigt, dass die Sicherheit bei den üblicherweise verwendeten Dosen zwar kein großes Problem darstellt, aber potenzielle Wirkungen beschrieben wurden, die durch mehr und bessere Studien untersucht werden müssen.“ Die beiden Gremien führten unabhängige, aber komplementäre Überprüfungen durch, um die potenziell krebserregende Gefahr und andere Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit dem Verzehr von Aspartam zu bewerten. Es war das erste Mal, dass die IARC Aspartam bewertete, und das dritte Mal für den JECFA. Nach Durchsicht der verfügbaren wissenschaftlichen Literatur stellten beide Organisationen eine begrenzte Evidenz für Krebs und andere gesundheitliche Beeinträchtigungen fest. Anpassung der zulässigen Tagesdosis – warum? Dabei stufte die IARC Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ für den Menschen (Gruppe 2B) ein, da es nur begrenzte Hinweise auf Krebs beim Menschen gibt (insbesondere für das hepatozelluläre Karzinom). Es gab auch nur begrenzte Evidenz für Krebs bei Versuchstieren und in Bezug auf die möglichen Mechanismen zur Entstehung von Krebs. Der JECFA Aspartam ist ein weit verbreiteter Süßstoff. Kritisch wird der Konsum erst ab etwa neun Getränkedosen täglich, schreibt der WHO-Sachverständigenrat. Es sei denn, es erfolgt eine zusätzliche Aufnahme etwa durch Süßwaren, Kaugummis, Milch- und Getreideprodukte, Desserts, Backwaren oder Fertiggerichte. Foto: Kodjovi - stock.adobe.com (KI-generiert) zm113 Nr. 15-16, 16.08.2023, (1366)

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