POLITIK | 75 Wie der Sozialverband Deutschland (SoVD ausführt, würden die Patientenorganisationen gesetzeswidrig übergangen. Demnach dürfe der Spitzenverband zukünftig die Finanzen, den Vorstand, die Themen und Zielgruppen der Beratung, die Qualifikation der Berater und die wissenschaftliche Begleitung der UPD bestimmen. Dies sei beschlossen worden, ohne die maßgeblichen Patientenorganisationen zu konsultieren. Dabei sei nach dem Willen des Gesetzgebers eine intensive Beteiligung dieser an der Neuaufstellung vorgesehen. Schwartze: „Das widerspricht dem Willen des Parlaments!“ Harsche Kritik kommt auch von Stefan Schwartze, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten: „Die Einigung mit dem GKV-Spitzenverband gefährdet die Unabhängigkeit der UPD. Unter diesen Voraussetzungen habe ich große Zweifel, ob so die beste Beratung für die Patientinnen und Patienten erreicht werden kann. Außerdem sehe ich die Gefahr, dass die Patientenorganisationen unter diesen Umständen nicht mehr an der Stiftung mitwirken werden. Dies widerspricht dem ausdrücklichen Willen des Parlaments.“ Erst vor Kurzem hatten die Mitarbeitenden der UPD vor dem BMG protestiert, um vor den drohenden Konsequenzen zu warnen. Die UPD habe schon im Gesetzgebungsprozess auf die Problematik einer Finanzierung der geplanten Stiftung aus GKV-Mitteln hingewiesen – eine Finanzierung aus GKV-Mitteln könne den Anschein einer fehlenden Unabhängigkeit erwecken. Jetzt hat sich auch die Fraktion die Linke im Bundestag eingeschaltet. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion, Kathrin Vogler, hat eine Sondersitzung des Bundestags-Gesundheitsausschusses zur UPD beantragt. Sie sieht die Unabhängigkeit der Beratung in Gefahr. Die UPD-Stiftung soll 2024 ihre Arbeit aufnehmen und wird mit 15 Millionen Euro von den gesetzlichen Kassen finanziert. Für die private Krankenversicherung ist nur eine freiwillige Beteiligung vorgesehen. pr zm113 Nr. 15-16, 16.08.2023, (1393) INTERVIEW MIT UPD-GESCHÄFTSFÜHRER THORBEN KRUMWIEDE „DIE BEFÜRCHTUNGEN WURDEN AUF GANZER LINIE BESTÄTIGT“ Wie schätzen Sie die Einigung von Bundesgesundheitsministerium und GKV-Spitzenverband zur Errichtung der UPD-Stiftung ein? Mit der Einigung wurden unsere Befürchtungen über die Gefahren einer Finanzierung der künftigen Stiftung aus Mitteln der gesetzlichen Krankenkassen auf ganzer Linie bestätigt. Der GKV-Spitzenverband erhält umfassenden Einfluss auf den Haushalt, die personelle Besetzung und die inhaltliche Ausrichtung. Damit hat der GKV-SV alle Hebel in der Hand, um die Arbeit der Stiftung in seinem Sinne in die gewünschte Richtung zu lenken. Dem Vernehmen nach sollen ganze Beratungsbereiche wie etwa die Beratung zu Pflegethemen künftig wegfallen – ein Desaster für hilfesuchende Bürgerinnen und Bürger. Weder die UPD noch die maßgeblichen Patientenorganisationen und anscheinend auch nicht die Abgeordneten im Bundestag wurden in die Gespräche zwischen BMG und GKV-SV einbezogen. Das Ergebnis der Gespräche wird einen Schaden für die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der zukünftigen Stiftung nach sich ziehen. Was genau bedeutet das für die Unabhängigkeit der UPD? Der UPD in ihrer aktuellen Form wurde im Rahmen von externen Audits und wissenschaftlichen Evaluationen immer wieder die Wahrung der Unabhängigkeit bescheinigt. Sollte die Einigung zwischen BMG und GKV-Spitzenverband so umgesetzt werden, ist es damit definitiv vorbei. Über die Jahre hat die UPD hunderttausende Beratungen bei Problem mit und Fragen zur gesetzliche Krankenkassen durchgeführt, im vergangenen Jahr war dieser Bereich mit rund 26.000 Beratungen in der rechtlichen Beratung wieder Spitzenreiter. Dass nun ausgerechnet die Interessenvertretung der gesetzlichen Krankenkassen umfassenden Einfluss bekommen soll, bedeutet de facto das Ende der Unabhängigkeit der UPD. Wie geht es jetzt mit der UPD und ihren Mitarbeitenden weiter? Die Einigung zwischen BMG und GKV-Spitzenverband könnte zwar theoretisch bedeuten, dass die zu befürchtende Lücke im Beratungsangebot im nächsten Jahr nicht ganz so groß ausfällt, falls die formelle Gründung der Stiftung schnell erfolgen sollte. Wir halten ein arbeitsfähiges Beratungsangebot ab Anfang Januar 2024 zum aktuellen Zeitpunkt aber weiterhin für äußerst unrealistisch. Nach wie vor gibt es kein inhaltliches Konzept für die Struktur der Stiftung und den Aufbau des Beratungsangebots. Dazu kommt: Die maßgeblichen Patientenorganisationen, die die Neuaufstellung der UPD inhaltlich wesentlich mitgestalten sollen, haben angekündigt, eine UPD-Stiftung von Gnaden der gesetzlichen Krankenkassen nicht mitzutragen. Damit kann dem Stiftungskonstrukt kein Leben eingehaucht werden. Für die hilfesuchenden Bürgerinnen und Bürger bedeutet diese Situation nach wie vor im nächsten Jahr sehr wahrscheinlich den Wegfall des qualitätsgesicherten UPD-Beratungsangebots auf unbestimmte Zeit. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen die fehlenden beruflichen Perspektiven weiter. Die UPD in ihrer aktuellen Form wird zum Jahresende den Beratungs- und Geschäftsbetrieb einstellen. Die Fragen stellte Gabriele Prchala. UPD-Geschäftsführer Thorben Krumwiede Foto: UPD/Büro für Fotografie und Bild, Berlin
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