Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 17

EDITORIAL | 3 Der Widerstand formiert sich britischen NHS schauen, um zu wissen, was damit einhergehen kann. Auch in den hochgelobten skandinavischen Ländern ist der Zugang in die Gesundheitssysteme wesentlich restriktiver und mit viel längeren Wartezeiten verbunden. Was aber nicht geht, ist, seitens der Politik kontinuierlich gegen die Niedergelassenen zu arbeiten – sei es durch mehr oder weniger verdeckte Honorarkürzungen, immer neue bürokratische Hürden und eine Telematik-Infrastruktur, bei der konsequent an den Bedürfnissen derer, die damit arbeiten sollen, vorbeientwickelt wird. Daher ist es die logische Konsequenz, dass sich jetzt an verschiedenen Stellen deutlicher Widerstand formiert: In der Ärzteschaft, der Zahnärzteschaft und beim Assistenzpersonal. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung setzt derzeit mit ihrer Kampagne „Zähne zeigen“ ein deutliches Zeichen. Der KZBV-Vorsitzende Martin Hendges hat an der KBV-Veranstaltung ebenfalls teilgenommen, um zu signalisieren, dass Zahnärzteschaft und Ärzteschaft zusammenstehen. Am 8. September gibt es die nächste Kundgebung der MFA und ZFA vor dem Brandenburger Tor, an dem auch die Zahnärzteschaft teilnimmt. Lauterbach sollte nicht den Fehler machen, all diese Signale zu ignorieren. Sascha Rudat Chefredakteur Lesen Sie mehr zur KBV-Krisensitzung ab S. 10. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte am 18. August zu einer „Krisensitzung“ ins Berliner Marriott-Hotel geladen. Vor nicht weniger als dem Kollaps der ambulanten ärztlichen Versorgung wurde unmittelbar vor dem Ende der parlamentarischen Sommerpause gewarnt. Nun könnte man sagen, Krise ist immer und motzen gehört zum Handwerk. Aber dieser Protest hatte eine andere Qualität. Unabhängig vom lautstarken Tumult, den die rund 800 Ärztinnen und Ärzte im Saal verursachten, waren in den mündlichen Berichten und in den Video-Einspielern viele ernsthafte Stimmen zu hören, denen die aufrichtige Sorge um die Zukunft der ambulanten Versorgung deutlich anzumerken war. Immer mehr Praxen schließen aus Altersgründen und werden nicht fortgeführt, die Patientinnen und Patienten verteilen sich auf die verbleibenden Praxen, die nicht zuletzt durch den Mangel an Assistenzpersonal an ihre Kapazitätsgrenzen kommen. Diese reale Situation trifft auf ein uneingeschränktes Leistungsversprechen der Politik an die Patienten. Diese wünschen sich eine wohnortnahe Versorgung mit freiem Zugang zu Haus- und Fachärzten bei möglichst kurzen Wartezeiten. Dass die bundesdeutsche Realität inzwischen ganz anders aussieht, bekommen die Bürgerinnen und Bürger immer deutlicher zu spüren – und das längst nicht mehr nur in strukturschwachen ländlichen Regionen. Als Lösung für diese Probleme verweist die Politik gerne auf den Versorgungsauftrag der Selbstverwaltung. Es wurde auf der anschließenden Pressekonferenz sehr deutlich gesagt, dass man diesen Versorgungsauftrag selbstverständlich annehme, er aber auch umsetzbar sein müsse. Und dies sei bei den gegenwärtigen Bedingungen nicht mehr der Fall. Das ist der Punkt. Der Sicherstellungsauftrag muss erfüllbar sein! Dafür muss die Politik die finanziellen und strukturellen Grundlagenschaffen. Aktuell sieht es aber so aus, als ob die Regierung den ambulanten Sektor ausbluten lassen möchte. Im Hause Lauterbach hegt man offenbar ein tiefes Misstrauen gegen die ärztliche und zahnärztliche Selbstverwaltung und die Freiberuflichkeit. Die Ideen von irgendwelchen kommunalen Versorgungsstrukturen, die aus dem BMG herausdiffundieren, sind mehr als hanebüchen. Als ob das, was in den Praxen in diesem Land – nicht zuletzt durch Selbstausbeutung der Praxisinhaberinnen und -inhaber – geleistet wird, auch nur im Ansatz in Versorgungskiosken, kommunalen MVZ und einer anderen Art staatlich gelenktem dritten Versorgungssektor erbracht werden könnte. Wer das glaubt, gibt sich dem totalen Selbstbetrug hin. Und wenn die Politik ernsthaft ein solches Modell etablieren möchte, muss sie das den Bürgerinnen und Bürgern offen und ehrlich sagen. Dann kann eine gesamtgesellschaftliche Debatte darüber geführt werden, ob man einen solchen Systemwechsel – denn nichts anderes wäre es – wirklich möchte. Man muss bei staatlich gelenkten Gesundheitssystemen nicht nur auf den Foto: Lopata/axentis

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