Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 17

nem solchen „mehrteiligen“ Vorgehen ist schon sehr hoch – das funktioniert eigentlich nur, wenn man eine solche SpurensuchenichtalsArbeitempfindet, sondern als spannende Freizeitbeschäftigung. Wie lange haben die Recherchen insgesamt gedauert? Groß: Letztlich bin ich ja seit 1990 an diesem Themengebiet dran. Intensiviert habe ich diese Arbeit Ende 2019, als ich den ersten Teil meines Personenlexikons in eine druckreife Form brachte und dabei alle Zahnärzte meiner Sammlung nochmal intensiver durchforstet habe. Bis 2022 hatte ich insgesamt zwei Dutzend Personen identifiziert, die als „Widerstandskämpfer“ oder als „Staatsfeinde“ einzuordnen waren. Dann kam ich auf die Idee, zu diesem Thema eine Doktorarbeit zu vergeben und diese bis dahin noch bruchstückhaften Biografien weiter wissenschaftlich ausarbeiten zu lassen. So kam Sarah Wellens ins Spiel: Sie hat das Promotionsprojekt übernommen und von Anfang an sehr viel Engagement gezeigt. Frau Wellens, welche Aufgaben haben Sie übernommen? Sarah Wellens: Herr Groß hat mir letztes Jahr seine Rechercheergebnisse ausgehändigt und ich versuche seitdem, mehr über die Personen herauszufinden. Ich führe Internet-Recherchen durch, screene die umfangreiche Fachbibliothek des Instituts nach diesen Personen, suche in Ahnenportalen von Ancestry®, Geni® und MyHeritage® nach den Zahnärzten und deren Familien und kontaktiere Archive in Städten und Landgemeinden, in denen diese gelebt oder gewirkt haben. Mittlerweile habe ich zu einigen Personen so viel ergänzendes Material gefunden, dass Herr Groß die Idee hatte, der zmRedaktion eine Serie zu diesem Thema vorzuschlagen. Zu meiner Freude hat die Redaktion Ja gesagt! Wir wollen vor allem nichtjüdische Zahnärzte vorstellen – ungeachtet der Tatsache, dass es gerade in der Weimarer Republik – naheliegenderweise – auch jüdische Mediziner gab, die sich politisch gegen den Nationalsozialismus und seine antisemitische Ideologie zur Wehr setzten, vor allem im „Verein sozialistischer Ärzte“. Für mich ist diese Reihe eine große Motivation, dranzubleiben und noch möglichst viele Mosaiksteine zusammenzutragen. Am Ende meines Promotionsprojektes möchte ich nicht nur zu allen identifizierten Personen vollständige Lebensläufe vorlegen, sondern diese Gruppe auch vergleichend analysieren, das heißt, ich möchte schauen, was diese Zahnärzte gemeinsam haben, was sie unterscheidet und wie ihre Lebenswege nach 1945 weitergingen – soweit sie die NS-Diktatur überlebt haben. Das Ganze wird dann vermutlich als Buch erscheinen, oder alternativ als größerer englischsprachiger Aufsatz. Sie unterscheiden zwischen Widerstandskämpfernund „Staatsfeinden“?Wo ziehen Sie da die Grenze? Sind nicht alle „Widerständler“ auch Staatsfeinde? Wellens: Ja und nein. Es gibt in der Tat fließende Übergänge – das ist auch der Grund, warum wir beide Gruppierungen im Promotionsprojekt zusammen betrachten. Dennoch gehen wir von unterschiedlichen „Arbeitsdefinitionen“ aus: Unter einem Widerstandkämpfer verstehen wir eine Person, die im Untergrund gegen die Ideologie und die Politik des Nationalsozialismus und damit gegen das NS-Regime agiert. Sie handelt also aus einer Tarnung heraus, subversiv und in dem Bemühen, nicht entdeckt und entlarvt zu werden. Der Begriff „Staatsfeind“ ist dagegen ein Stempel, den das NS-Regime vergab: So wurden meist Personen bezeichnet, GESELLSCHAFT | 53 zm113 Nr. 17, 01.09.2023, (1475) Sarah Wellens, Doktorandin am Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der RWTH Aachen. Foto: privat HELLO TOMORROW. Digitales Praxismanagement. Wir installieren Zukunft. LinuDent Patientenportal – Kommunizieren Sie effizient! JETZT PATIENTEN BINDEN! linudent.de/portal

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=