Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 17

POLITIK | 57 nicht. Sanktionen werden laut dem Minister jedoch nur dann eine Rolle spielen, wenn sie auch vertretbar sind. „Sollte die Technik nicht funktionieren, kann dafür der Arzt nicht bestraft werden – das ist auch nicht vorgesehen“, sagte Lauterbach. Minister plädiert für Vielfalt Mehr Vereinheitlichung bei den IT-Systemen plant er nach eigener Aussage nicht: „Vielfalt in diesem Bereich hat in der Vergangenheit immer gut funktioniert, aber diese Vielfalt muss verlässlich und robust sein. Das heißt: Sollte es hier mit einzelnen IT-Herstellern Probleme geben, dann werden wir sie einbestellen.“ Zur Übertragung analoger Bestandsdaten in die Elektronische Patientenakte (ePA) sagte er: „Es ist nicht vorgesehen, dass alle analogen Daten in die ePA übertragen werden. Hier geht es nicht um alte, belanglose medizinische Daten, sondern mit Augenmaß nur wichtige Behandlungsbefunde, die jetzt auch noch relevant sind.“ Die ePA werde gebraucht, „damit jeder Arzt an jedem Platz sehen kann, welche Untersuchungen bei einem Patienten schon gemacht wurden, wie sich seine Laborwerte entwickelt haben und auf welche Medikamente er gut reagiert hat. Dadurch gewinnen wir Qualität und Zeit.“ Wie viele Daten letztendlich übertragen werden müssen, ist indes gerade für die Krankenkassen wichtig, da ihnen nach Inkrafttreten des Gesetzes genau zwölf Monate bleiben, um die ePA für die Versicherten zu programmieren. Zum Digitalisierungskonzept gehört für Lauterbach auch eine Modernisierung der gematik: „Für ihre Weiterentwicklung werden wir ein eigenes Gesetz machen und stecken auch schon seit einigen Monaten in den Vorarbeiten dafür“, kündigte er an. Weitere Details verriet er jedoch nicht. sth zm113 Nr. 17, 01.09.2023, (1479) DAS SAGEN BZÄK UND KZBV ZU DEN DIGITALISIERUNGSPLÄNEN DER REGIERUNG Mit den Referentenentwürfen zum Digitalgesetz (DigiG) und Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDND) will das Bundesgesundheitsministerium Tempo bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens machen. Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) begrüßen die Pläne, sehen teils aber dringenden Nachbesserungsbedarf, wie aus den gemeinsamen Stellungnahmen hervorgeht. Digital-Gesetz: Kernstück des Gesetzes ist die ePA. Hier fordern die beiden Spitzenorganisationen den Gesetzgeber auf, dafür zu sorgen, dass in den zahnärztlichen Praxen keine Behandlungskapazitäten zugunsten einer Unterstützung der Patienten bei der ePA verloren gehen – das sei Aufgabe der Krankenkassen. Durch das im Gesetz vorgesehene Recht der Versicherten auf Verarbeitung von Daten und Regelung von Zugriffsrechten auf die ePA sei künftig mit deutlich mehr Versicherten zu rechnen, die Daten gelöscht oder in der Verarbeitung beschränkt wissen wollen. Dass zahnärztliche Praxen Versicherte bei diesem Datenmanagement unterstützen, ist aus Sicht von KZBV und BZÄK nicht hinnehmbar. Sie sehen zeitliche und haftungsrechtliche Risiken. Wenn überhaupt, könne diese Unterstützung nur freiwillig erfolgen. Bei den Zugriffsrechten der Versicherten und deren Identifikation in der Zahnarztpraxis sei die Verlagerung von Verwaltungsaufgaben der Kassen in die Praxen nur dann akzeptabel, wenn der damit verbundene freiwillige Aufwand angemessen vergütet wird. Bei den vorgesehenen Regelungen zum E-Rezept kritisieren KZBV und BZÄK den verbindlich vorgesehenen Starttermin zum 1. Januar 2024. Dieser Vorlauf sei zu knapp bemessen. Stattdessen sollte an der gestuften Einführung festgehalten werden, wie ursprünglich vorgesehen. Sanktionen bei Nichtverwendung der technischen Komponenten für die E-Rezept-Verordnung lehnen KZBV und BZÄK strikt ab. Auf die Berichtspflicht der KZBV an die Zahnärzte zum E-Rezept sollte verzichtet werden. Stattdessen sollten die Krankenkassen, der GKV-Spitzenverband und das BMG die Versicherten umfassend über die Nutzung des E-Rezepts informieren. Gesundheitsdatennutzungsgesetz: Ziel des GDNG ist es, Forschungsdaten besser auffindbar und mit weniger bürokratischem Aufwand nutzbar zu machen. Aus Sicht von KZBV und BZÄK wird der Entwurf aktuell weder der zahnärztlichen Berufswirklichkeit noch den Belangen der Anwender gerecht. So überspanne die Regelung, wonach Leistungserbringer die bei ihnen gespeicherten Gesundheitsdaten weiterverarbeiten dürfen, die Anforderungen an den ambulanten Bereich. Dies könne sich zudem als ein so großes bürokratisches Hindernis erweisen, dass eine Weiterverarbeitung von Versorgungsdaten gänzlich unterbleibe. Erschwerend komme hinzu, dass nicht rechtssicher abgegrenzt werden kann, wo medizinische Forschung beginnt und die Versorgungstätigkeit im Praxisalltag endet. Zahnarztpraxen sollten daher von den geplanten Regelungen ausgenommen werden. Es sollte klargestellt werden, dass routinemäßige Praxisabläufe keine Weiterverarbeitung von Gesundheitsdaten darstellen und deshalb auch keinerlei Informationspflichten auslösen. Kritisch sehen KZBV und BZÄK auch, dass die Kranken- und Pflegekassen datengestützte Auswertungen zum individuellen Gesundheitsschutz ihrer Versicherten und zur Verbesserung der Versorgung vornehmen und ihre Versicherten dazu individuell ansprechen dürfen. Allein auf Basis datengestützter Auswertungen ergehende Empfehlungen ohne medizinisches Korrektiv könnten fehleranfällig sein, die Versicherten verunsichern – und das Arzt-PatientenVerhältnis belasten, wenn der Arzt aus der Empfehlung keine Handlungsnotwendigkeit ableitet, diese aber von der Kasse beim Versicherten eingefordert wurde. Krankenkassen sollten daher keine Patientendaten auswerten und und in die Prozesse der Patientenbetreuung einbeziehen dürfen. Die Heilbehandlung sei sie originäre Aufgabe der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen. pr

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