66 | ZAHNMEDIZIN extraction of first permanent molars in children“ [Cobourne et al., 2014] im Oberkiefer eine Extraktion des ersten Molaren vor der Eruption des zweiten Molaren und im Unterkiefer dann, wenn der zweite Molar das Entwicklungsstadium „E“ [Demirjian et al., 1973] erreicht hat (Bildung der Furkation beginnt, die Wurzellänge ist noch kürzer als die Kronenlänge). Die stärksten Daten, die dieser Empfehlung zugrunde liegen, stammen von der Arbeitsgruppe Teo et al. aus dem Jahr 2013 [Teo et al., 2013]. Sie beobachteten bei 236 Zähnen, dass im Oberkiefer bei einer Extraktion des ersten Molaren vor dem Durchbruch des zweiten Molaren 92 Prozent der Zähne eine zufriedenstellende Stellung einnahmen. Im Unterkiefer lag die Erfolgsquote bei nur 66 Prozent. Die schlechte Erfolgsquote im Unterkiefer motivierte zu einer Nachuntersuchung der erfolgreichen Fälle. Die Ergebnisse wurden 2016 im European Journal of Orthodontics publiziert [Teo et al., 2016]. In dieser Arbeit wurden drei Faktoren identifiziert, die die Wahrscheinlichkeit eines spontanen Lückenschlusses begünstigen: Der zweite Prämolar ist gefangen in der Bifurkation des zweiten Milchmolaren. Der zweite Molar ist relativ zum ersten Molar mesial anguliert. Ein Weisheitszahn ist vorhanden. Wenn diese Parameter erfüllt waren, lag die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen und spontanen Lückenschluss durch den zweiten Molaren im Unterkiefer bei 85 Prozent. Leider fand diese Publikation wegen ihres späteren Erscheinungsdatums keinen Eingang in die „National Guideline“ und bis heute in der zahnmedizinischen Fachwelt nur wenig Beachtung [Al Khalaf et al., 2022; Dastouri et al., 2020; Wu et al., 2017]. Wie wir in unseren Praxen diese Empfehlung ab 2016 umgesetzt und welche positiven Erfahrungen wir damit gemacht haben, veranschaulichen die vier Patientenfälle. Resümee In der Originalpublikation von Teo et al. [2016] ist die Vorhersagbarkeit eines spontanen Lückenschlusses nach Extraktion eines unteren ersten Molaren unter Anwendung der Entscheidungsparameter sehr hoch und sollte als Ergänzung der 2014 publizierten „National Guideline“ [Cobourne et al., 2014] betrachtet werden. Dennoch ist zm113 Nr. 17, 01.09.2023, (1488) PATIENTENFALL 2: NEUNJÄHRIGER PATIENT MIT KARIÖS GESCHÄDIGTEN ZÄHNEN 36 UND 46 Abb. 2a: In der Aufnahme aus dem Jahr 2017 erkennt man einen sehr hohen Zerstörungsgrad der Zähne 36 und 46 sowie eine apikale Beherdung der Zähne. Diese wirkte verdrängend auf die Zahnkeime 37 und 47, so dass ein Entscheidungskriterium von Teo et al. [Teo et al., 2016], die mesiale Angulation des zweiten Molaren, nicht gegeben war. Abb. 2b: Klinische Verlaufskontrolle aus dem Jahr 2021. Man erkennt zwar eine distale Drift der Prämolaren, doch nahm der Zahn 37 die Position des Zahnes 36 ein. Zahn 47 jedoch konnte die Position von Zahn 46 nicht zufriedenstellend einnehmen. Ursächlich war in diesem Fall eine okklusale Interferenz durch den Zahn 16 (Abbildung 2c). Fotos: Praxis PD Dr. Christoph Reichert a c b
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=