zm113 Nr. 17, 01.09.2023, (1515) zmSTARTER | 93 sehr von unserer unterscheidet. Religion und Hochzeit innerhalb der eigenen Kaste und zum Teil sogar innerhalb der gleichen Berufsgruppe stehen hier im Vordergrund – sowohl Männer als auch Frauen leben hier solange bei ihren Eltern, bis sie heiraten. Viele Leute waren sehr schockiert, als sie herausfanden, das wir beide nicht verheiratet sind und trotzdem zusammen auf Reisen gehen. Gesichtsrekonstruktionen sind an der Tagesordnung Am Ende der zweiten Woche ging es für uns in die Chirurgie. In Nepal sind Oralchirurgen gleichzusetzen mit MKGlern. Hier wurden vom selben Arzt Lappalien wie retinierte Weisheitszähne operiert, aber eben auch Gesichtsrekonstruktionen, Ameloblastom-Entfernungen und so weiter vorgenommen. Wir wurden dann gefragt, ob wir lieber im Out Patient Department arbeiten und selber Extraktionen vornehmen wollen oder im Operation Theater assistieren beziehungsweise hospitieren wollen. Die großen OPs, die dort vorgenommen wurden, wollten wir miterleben. Während unserer Famulatur gab es bemerkenswerte Patientenfälle. Zum Beispiel wurde ein 20-Jähriger mit Ameloblastom in der rechten Seite der Mandibula vorstellig. Es erfolgte eine extensive Mandibularesektion und Rekonstruktion mittels Fibula-Transplantat und Anastomose. Die Operation hat ganze 15 Stunden gedauert. Den Patienten durften wir in den Tagen nach der OP mit betreuen. Außerdem waren Zygomaticus- und Orbita-Rekonstruktionen nach Verkehrsunfällen fast an der Tagesordnung, weil natürlich niemand mit Helm Moped und Motorrad fährt. Ein wirklich krasser Fall war die Operation eines Mannes, der von einem Bären im Himalaya angegriffenwurde. Der Transport des schwer gezeichneten Patienten dauerte alleine über vier Tage bis ins Krankenhaus. In der ersten OP erfolgte die Rekonstruktion der kompletten rechten Gesichtshälfte und die Fixierung des echten Auges. Einen Monat danach die Weichgewebsrekonstruktion. An unserem letzten Tag in der Chirurgie durften wir bei einer weiteren Ameloblastom-OP hospitieren. Diesmal handelte es sich um ein Rezidiv, dass sich von der Region der rechten Schläfe bis zur Maxilla ausgebreitet hat. In unserer letzten Woche waren wir in den Outreach Centers und haben dort mit wenigen Materialien grundlegende Behandlungen durchgeführt. War mal keine Einheit zur Verfügung, wurde halt auf Bürostühlen mit Stirnlampe behandelt. In den OC werden auch Kinder mittels Plaqueanfärbung und Zahnputzroutine zur Mundpflege aufgeklärt. Die Angebote für grundlegende Eingriffe sind sehr günstig: Eine einfache Füllung kostet mit GIZ umgerechnet 60 Cent und für Extraktionen zahlt man einen Euro. Und dann ist da noch das „Denture Project“, bei dem in jedem OC einmal im Jahr zwei Wochen durch ein Team von Zahnärzten und Zahntechnikern Prothesen hergestellt werden. Den letzten Tag verbrachten wir bei Dr. Kafle in der Kieferorthopädie. Wir waren überrascht, wie viele Patienten eine KFO Behandlung bekommen. Unsere Erwartungen wurden in allen Bereichen bei Weitem übertroffen, weshalb wir dieses tolle Krankenhaus und insbesondere die zahnmedizinische Abteilung mit ihren großartigen und selbstlosen Ärzten immer wieder unterstützen würden. Das ist der Behandlungssaal der zahnmedizinischen Abteilung. Wir haben sehr viel mit den Interns, den Zahnmedizinstudenten im praktischen Jahr, gearbeitet und waren nach der Arbeit meistens noch zusammen essen oder wandern. Gegründet wurde das Krankenhaus vor über 25 Jahren mit dem Ziel, die medizinische Versorgung auf hohem Niveau für alle Bevölkerungsschichten zu gewährleisten. Das ist bis heute nur durch Spenden und Engagement aus dem Ausland möglich. Hier sieht man das Hauptgebäude mit den OP-Sälen. Die Operation eines Mannes, der im Himalaya-Gebirge von einem Bären attackiert wurde, gehörte zu den schlimmsten Fällen, die wir in den Wochen miterlebt haben. Hier präoperativ, nach der Erstversorgung im Krankenhaus. Fotos: Gwendolin Sztankay
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