Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 18

zm113 Nr. 18, 16.09.2023, (1550) 16 | PRAXIS und systematische Korruption hingegen erfordert eine sorgfältige Planung und ein ausgeprägtes Bewusstsein für das Unrecht. Diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein § 299a StGB betrifft Angehörige von Heilberufen und bestraft sie, wenn sie Vorteile annehmen, um bei der Verordnung von Medizinprodukten oder anderen Gesundheitsleistungen bevorzugt zu werden. § 299b StGB betrifft diejenigen, die diesen Vorteil anbieten, versprechen oder gewähren. Das bedeutet, dass sowohl der Geber als auch der Empfänger eines Vorteils strafrechtlich belangt werden können. Wichtig: Die Strafbarkeit nach diesen Paragrafen setzt voraus, dass es eine Art von Vorteilsnahme oder Vorteilsgewährung gibt, die darauf abzielt, die medizinische Entscheidungsfindung oder den Wettbewerb im Gesundheitswesen in unlauterer Weise zu beeinflussen – auch Unrechtsvereinbarung genannt. Fallbeispiele 1. Zahnärzte im Verhältnis zu Dentallaboren Zu den „unrechtmäßigen Kooperationen" gehört, dass eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt einen Vertrag mit einem zahnmedizinischen Labor schließt, das ihr oder ihm finanzielle Anreize bietet, um exklusiv dessen Dienste in Anspruch zu nehmen. Grundsätzlich nicht den §§ 299a, 299b StGB unterliegen hingegen Fälle, in denen Zahnärzte eigene Labore (Praxislabor, Praxislaborgemeinschaft) betreiben und in berufsund sozialrechtlich zulässiger Weise zahntechnische Laborleistungen selbst erbringen beziehungsweise über angestellte Zahntechniker erbringen lassen. 2. Zuweisung von Patienten Ein klassischer Fall ist, wenn ein Zahnarzt für die Überweisung eines Patienten beispielsweise an eine Oralchirurgin eine Prämie erhält. Dasselbe gilt auch für die Zuweisung unter den Zahnärzten und Zahnärztinnen einer Berufsausübungsgemeinschaft, da diese wirtschaftlich voneinander getrennt sind. Hier besteht eine hohe Gefahr in eine Strafbarkeitsfalle zu tappen, denn es ist nicht übersichtlich, ab wann ein Vorteil für die Zuweisung eines Patienten an die Kollegin in der Praxis als gewährt gilt. Bietet die Kollegin dafür ein Abendessen oder Tickets für ein Konzert an, befinden sich beide bereits in der Grauzone der Korruption. Die Anwendung des § 299a StGB auf den Verkauf eines gesamten Patientenstamms an einen nachfolgenden Zahnarzt wurde jüngst in der Rechtsprechung diskutiert, die Anwendbarkeit jedoch abgelehnt, da es an einer Unrechtsvereinbarung fehle. 3. Zuwendungen im Verhältnis Patient zu Zahnarzt Bei der Frage nach der Korruption im Zahnarztberuf spielt die Art und Weise, wie materielle Zuwendungen zwischen Patienten und Zahnärzten bewertet werden, eine wichtige Rolle. Ein anschauliches Beispiel ist die Situation, in der ein Zahnarzt nach Abschluss einer Behandlung einen Präsentkorb als Dankeschön von einem Patienten erhält. Dieser Präsentkorb stellt zweifellos eine materielle Zuwendung und somit einen Vorteil dar. Es ist allerdings wichtig, den Kontext zu berücksichtigen. In diesem Fall fehlt eine Unrechtsvereinbarung, da der Patient nach Abschluss der Behandlung keine Möglichkeit mehr hat, durch Geschenke auf den Zahnarzt einzuwirken, um sich selbst zu bevorzugen. In einer solchen Konstellation ist die Annahme des Präsents strafrechtlich unproblematisch. Die Situation könnte jedoch anders bewertet werden, wenn der Patient das Geschenk als Mittel zur Beeinflussung seiner künftigen Behandlung einsetzen möchte. Hier wird die Grenze zwischen einem Dankeschön und einer potenziellen Form der Bestechung unscharf. Zuletzt musste das Landgericht Nürnberg-Fürth klären, ob die Tatbestände bei einer durch finanzielle Zuwendungen motivierten Verabreichung von Impfstoff entgegen der Corona-Impfverordnung anwendbar sind (Beschl. v. 24.1.2022 – 18 Qs 24/21, 18 Qs 25/21). Ergebnis war, dass die Korruptionsparagrafen nicht für den Wettbewerb unter Patienten gelten sollen, sondern nur für den Wettbewerb unter Heilberufen. Ein überraschendes Ergebnis, denn geschützt werden sollten ursprünglich auch das Patientenwohl und das Vertrauen ins Gesundheitssystem. 4. Das abgeschaffte PartnerFactoring Das Partner-Factoring, bei dem Zahnärzte die Factoring-Gebühren für das Abrechnen von Forderungen an Patienten reduzieren konnten, geriet im Kontext des Antikorruptionsgesetzes im Gesundheitswesen weiter in die rechtliche Grauzone. Dieses Abrechnungsmodell wurde angeboten, wenn die Zahnarztabrechnung auch die Kosten eines Fremdlabors enthielt. Dieses Modell wurde zwischenzeitlich abgeschafft durch die Anbieterinnen des Factorings selbst. Diese Entscheidung beruht auf einem langwierigen Rechtsstreit zur Zulässigkeit des sogenannten Partnerfactorings im Zahnarztberuf, in dem das Landgericht Hamburg ein wegweisendes und zwischenzeitlich rechtskräftiges Urteil gefällt hat (LG Hamburg, Urteil vom 30.05.2017 – 406 HKO 214/16). 5. Zuwendungen im Verhältnis zu Herstellern Wer als Zahnarzt medizinische Produkte kostenlos abgibt, könnte der Herstellerin damit einen Vorteil verschaffen, weil Patienten so an das Produkt und die Herstellerinnen herangeführt werden. Obwohl im Bereich der Zahnmedizin von geringer Relevanz, ist es zukünftig gemäß §§ 299a und 299b StGB strafbar, wenn beispielsweise ein Pharmaunternehmen einem Zahnarzt eine Prämie für die Verschreibung eines bestimmten Arzneimittels gewährt. Das gilt in ähnlicher Weise für die Verordnung von Heil- oder Hilfsmitteln durch Zahnärzte. Rebecca Richter DUNKEL RICHTER Rechtsanwältinnen Mühsamstr. 34, 10249 Berlin Foto: Arik Bauriedl

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