zm113 Nr. 18, 16.09.2023, (1552) 18 | PRAXIS Ein Fall könnte die Manipulation von Verordnungen sein. Eine Zahnärztin erhält von einem Medizinproduktehersteller eine finanzielle Vergünstigung, um vermehrt dessen Produkte zu verschreiben, auch wenn diese für die Patienten nicht immer notwendig sind. Hierfür reicht bereits aus, wenn eine medizinische Hilfsmittelherstellerin eine Zahnärztin zu luxuriösen Konferenzen einlädt und ihr teure Reisen bezahlt, um im Gegenzug sicherzustellen, dass sie vermehrt ihre Produkte verwendet. 6. Bestechung von Praxispersonal Ein Vertreter eines Gesundheitsunternehmens überreicht einem Zahnarzthelfer regelmäßig Geld, um sicherzustellen, dass die Praxis vermehrt Verfahren oder Produkte dieses Unternehmens durchführt oder nutzt. Gibt es eine Grenze für die Höhe von Zuwendungen, die nicht strafbar ist? Die Frage der Sozialadäquanz im Kontext von Korruption bezieht sich darauf, wann eine Zuwendung als akzeptabel und damit nicht als strafbar angesehen werden kann. Laut den Richtlinien der Bundesärztekammer (BÄK) liegt bei Beträgen bis zu 50 Euro ein angemessener Vorteil vor. Diese Grenze gilt auch für die §§ 299a und 299b oder, nach Ansicht einiger Experten, nur für nicht regelmäßige Anlässe, wobei in solchen Fällen die Grenze bei 10 Euro liegt. Es ist auch wichtig zu betonen, dass es keine feste Untergrenze für Geldzuwendungen gibt, die ihren sozialen Kontext verloren haben. Ein Beispiel hierfür ist der Fall eines Laborarztes, der einer Urologin wiederholt Untersuchungsmaterial im Wert von jeweils 0,50 EUR zukommen ließ. Obwohl diese Beträge geringfügig erscheinen, können sie sich summieren und schnell die Grenze der Sozialadäquanz überschreiten. Für geldwerte Sachzuwendungen im Rahmen von Geschäftsessen oder Geschenken können großzügigere Beträge im Vergleich zu anderen Regelungen zulässig sein. Dennoch kann auch hier eine übermäßige Häufigkeit von Einladungen und deren zeitliche Nähe zu beruflichen Entscheidungen im Gesundheitswesen im Einzelfall die Annahme von Sozialadäquanz infrage stellen. Fazit Die Anwendung der §§ 299a und 299b StGB hat in der Praxis bisher zu wenigen Verurteilungen geführt und bis zum Stand von 2018 gab es keine Verurteilungen nach dem neuen Korruptionsrecht. Im Jahr 2017 wurde vom Statistischen Bundesamt eine Aburteilung erfasst, im Jahr 2018 keine Aburteilung oder Verurteilung, in den Jahren 2019 und 2020 keine und im Jahr 2021 eine Verurteilung aufgrund von § 299a StGB. Wer in juristischen Datenbanken nach den Vorschriften sucht, findet einzig Ausführungen zu Fragen der §§ 299a, 299b StGB in zivilrechtlichen Urteilen. Nichtsdestotrotz werden durch die oben genannten Verhaltensweisen auch berufs-, wettbewerbs- und sozialrechtliche Normen berührt, die zu empfindlichen Konsequenzen führen können. Das Strafrecht ist nur das letzte Mittel, die Rechtsordnung herzustellen. Man sollte sich jedenfalls Gedanken zur Festlegung einer akzeptablen Grenze für Geld- und Sachzuwendungen im (zahn) medizinischen Kontext der eigenen Praxis gemacht haben. Die BÄK hat Richtlinien veröffentlicht, die diese Frage zu klären versuchen. Dennoch gibt es keine feste Untergrenze, und die Umstände des Einzelfalls spielen eine entscheidendeRolle. Die Annahme eines Dankeschön-Präsents nach der Behandlung ist unproblematisch, weil der Patient hier nicht auf einen Vorteil aus ist und somit keine Unrechtsvereinbarung besteht. Foto: monropic - stock.adobe.com n
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