64 | ZAHNMEDIZIN HYPERTROPHE KIEFERFEHLBILDUNG Medikamentöse Behandlung eines Gendefekts Ulrich Meyer Der Einsatz moderner Technologien eröffnet neue Möglichkeiten in der gezielten Krankheitserkennung und medikamentösen Behandlung. Mit den diagnostischen Befunden ergeben sich mitunter überraschende und Erfolg versprechende Therapieoptionen. Der vorliegende Fall schildert die Behandlung einer Patientin mit einer seltenen, schweren Gesichtsfehlbildung. Bei der Diagnostik der Patientin in der Kieferklinik Münster zeigte sich eine Hypertrophie der linken Gesichtshälfte mit einer Skoliose des gesamten Gesichtsschädels (Abbildungen 1a und 1b). Von der Hypertrophie betroffen waren sowohl die knöchernen als auch die Weichgewebe der linken Gesichtshälfte. Die Haut wies Konturunregelmäßigkeiten und generell eine bräunliche Verfärbung auf. Intraoral zeigten sich stark ausgeprägte Weichgewebstumore im Bereich der linken Wange. In der Kindheit war in ihrem Heimatland Iran eine Operation unklarer Art erfolgt. Aufgrund der komplexen Dysgnathie mit einem Overjet von circa 22 mm war die Kaufähigkeit extrem eingeschränkt (Abbildung 1c). Eine Hyperostose im Bereich des linken Jochbeins und der linken Orbita war einer der weiteren führenden Befunde (Abbildung 2a). Die Ursache der Gesichtsfehlbildung war trotz humangenetischer Beratung nicht bekannt, ein Syndrom aufgrund der klinischen Erscheinung jedoch denkbar. Geplant wurden mit der Patientin in einer ersten Operation eine Korrektur und Normalisierung der okklusalen/ knöchernen Strukturen sowie eine Entfernung der tumorösen intraoralen Weichgewebsmassen und der knöchernen Hypertrophie im Jochbein/Orbitabereich. Ziel war es, der Patientin eine normale Kaufunktion zu ermöglichen. Histologische Untersuchungen der entnommenen Gewebe sollten die Diagnostik komplettieren. In einer zweiten Operation waren die Korrektur und die Reduzierung der Weichgewebsmassen der linken Gesichtshälfte geplant. Die knöchernen Rekonstruktion wurde vorab virtuell geplant. Estellt wurden ein Intraoralscan der Zahnbögen sowie ein CT des Gesichtsschädels. Nach dem Matching der Zahnzm113 Nr. 18, 16.09.2023, (1598) Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Ulrich Meyer Kieferklinik Münster, Zentrum für Implantologie, Zentrum für Kiefergelenkserkrankungen, Zentrum für Kiefer-, Gesichts- und Schädelfehlbildungen Schorlemerstr. 26, 48143 Münster Foto: privat
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