Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 18

68 | ZAHNMEDIZIN Auf Basis der Diagnosestellung bei der Patientin und des Wissens über die Wirksamkeit des spezifischen Medikaments wird nun die weitere Therapie der Patientin verändert werden. Eine medikamentöse Behandlung des Gendefekts wird durchgeführt und kann als zukünftige primäre Therapieoption gewählt werden. Chirurgische Maßnahmen können – in Abhängigkeit vom Erfolg der medikamentösen Therapie – anschließend individuell mit der Patientin besprochen und umgesetzt werden. Diskussion Die Erkennung spezifischer Gendefekte und die Behandlung des Patienten mit einem hochspezifischen Antidot wird in der Literatur auch mit dem Begriff der „personalisierten Medizin“ verbunden. Dieser Bereich umfasst im weiteren Sinne die Genommedizin und die Bio- und Informationstechnologie [Reddy et al., 2019]. Dabei wird versucht, mithilfe großer Mengen von Patientendaten (Health-Care- und Genomdaten) und Genomdaten von Erregern ein optimales TherapieMatching zu determinieren. In einem engeren Sinn bezieht sich der Begriff „personalisierte Medizin“ jedoch auf gezielte Target-Medikamente für einzelne Personen und Erkrankungen – zum Beispiel in der Tumortherapie. Im Bereich der Zahnmedizin ist jede Behandlung schon immer hoch individuell und damit personalisiert gewesen. Dies betrifft insbesondere alle Maßnahmen der konservativen, der prothetischen und der kieferorthopädischen Zahnheilkunde. Das liegt an der einzigartigen Spezifität der dentalen und okklusalen Phänotypie einer Person, die deswegen heute noch einen zentralen Stellenwert in der Forensik zur Identifizierung hat. Die zahnmedizinischen medikamentösen Therapien sind bisher dagegen kaum individualspezifisch. Der Einsatz moderner Technologien eröffnet nicht nur neue Möglichkeiten in der patientenspezifischen zahnärztlichen und chirurgischen Behandlung, sondern auch in der gezielten Krankheitserkennung und dadurch möglichen individuellen medikamentösen Behandlung von Patienten. Während die digital basierte patientenindividuelle Behandlung sich sowohl in der Zahnmedizin [Samaranayake, 2012; Joda und Zitzmann, 2022] als auch in der MKG-Chirurgie (virtuelle Operationsplanung, Einsatz von Bohrschablonen, patientenspezifische Implantate [Kerkfeld et al., 2022]) etabliert hat, steckt die individualisierte medikamentöse Therapie erst in ihren Anfängen. Für Zahnärzte, Kieferorthopäden und MKG-Chirurgen ist das Wissen über diese neuen medikamentösen Möglichkeiten sehr hilfreich, da sie in der interdisziplinären Zusammenarbeit häufig beteiligt sind. zm113 Nr. 18, 16.09.2023, (1602) ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Abb. 4: Schema der personalisierten molekular-gesteuerten Medizin, modifiziert nach [Jeyang259, 2023] n

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