42 | ZAHNMEDIZIN durch Abrasion und Erosion sind okklusal natürliche Phänomene und zervikal menschengemachte pathologische Schäden. Sie fordern ohne weitere Therapie keinen Pulpaschutz, weil die intra- und peritubuläre Mineralisation genügend Schutz bietet, selbst wenn nie alle Tubuli verschlossen werden und immer Bakterien hohle Tubuli ohne jeden Einfluss auf die Pulpa besiedeln. Jedes präparierte Dentin am vitalen schmerzsymptomlosen Zahn muss mit einem biokompatiblen Pulpaschutz überall dort, wo die Dentintubuli einen Zugang zur Pulpa haben, abgedeckt werden. Dafür sind Zink-Phosphat-Zemente und Glasionomerzemente ohne Zweifel am besten geeignet. Sie zeigen die höchste Evidenz der Biokompatibilitätstestung, auch weil sie als Zemente fast vollständig abbinden und gut adaptierbar sind. Sie unterscheiden sich von „Zementen“ auf Polymerbasis kardinal, weil diese gar keinen Pulpaschutz gewährleisten. Der Pulpaschutz gilt natürlich auch für die prothetische Kronenpräparation. Bei Kariesversorgungen ist das einfacher, weil dort Zemente wie Unterfüllungen schützen können. Bei jugendlichen Zähnen ist immer noch ein Befestigungszement sicherer als polymere Materialien. Die indirekte Überkappung mit Calciumhydroxid hat nie eine wissenschaftliche Bestätigung gefunden und ist durch die PulpabiologieStudien in Connecticut, Malmö, Erfurt und Witten/Herdecke letztlich als obsolet befunden worden [Langeland et al., 1971; Gängler, 2005]. Das Belassen von infiziertem Dentin ist die Norm, das Belassen von nekrotischem, erweichtem Dentin ist durch keine hinreichende Evidenz gedeckt – deshalb sollte es immer entfernt werden. Und Calciumhydroxid, korrekt feucht oder mit Wasser angemischt, hat am geschlossenen Kavitätenboden überhaupt keine Wirkung, außer der, dass es den festen Verbund eines Zements überflüssigerweise reduziert. Indirekte Überkappungen beziehungsweise Unterfüllungen sollten mit Zink-Phosphat- oder Glasionomerzementen ausgeführt werden. zm113 Nr. 19, 01.10.2023, (1692) Abb. 2: Normale Blutzirkulation in der Ratten-Pulpa mit zentraler Makroangioarchitektur und peripherer Mikroangioarchitektur mit Kapillaren mit EinzelzellPassage der Erythrozyten Abb. 3: Direkte Überkappung mit Calciumhydroxid nach drei Tagen an der RattenPulpa, Hyperämie der Magistralzirkulation, ungestörte Mikrozirkulation Abb. 5: Blutzirkulation im frontalen Abschnitt der gleichen Pulpa nach elf Tagen mit abgeschlossener Normalisierung Abb. 6: Composite-Test an Molar eines SPF-Schweins mit Kavität und tubulärer Reizdentinbildung nach vier Wochen strikt am Pulpabeginn aller eröffneten Dentintubuli: normale Blutversorgung mit regulärem Odontoblastensaum, weitgehend entzündungsfrei dank Pulpaschutz mit Glasionomerzement Abb. 7a: Präparationsschaden am RattenZahn mit Pulpa aperta und partieller Nekrose: Adaptation der Blutzirkulation um die Nekrosezone nach drei Tagen, Hyperämie in den Magistralgefäßen, Untergang der Mikrozirkulation um die Präparation und Neuformierung von Kapillaren am Nekroserand Abb. 4: Direkte Überkappung nach elf Tagen mit Umbau der Angioarchitektur und normaler Zirkulation Abb. 7b: Histologischer Befund nach elf Tagen mit Reizdentinlamelle mit Prädentin als gescheiterter Brückenbildung: akute Entzündung um die ganze Perforation mit Hyperplasie-Ausdehnung in die Mundhöhle bei Aufrechterhaltung der Systemund Mikrozirkulation mit der Konsequenz einer normalen Pulpa im frontalen Abschnitt mit regelrechter OdontoblastenStruktur und tubulärem Prädentin Fotos: Peter Gängler
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