50 | PRAXIS ARBEITSRECHTLICHE FRAGEN ZUR ABMAHNUNG Lieber Mitarbeiter, letzte Chance! Bernhard Kinold Was für eine Funktion hat eine Abmahnung und wie geht man als Praxischef dabei vor? Folgt darauf immer die Kündigung und was ist der Unterschied zwischen einer Ermahnung und einer Abmahnung? Der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bernhard Kinold, Mitglied und Vortragsreferent des Verbandes deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V. (VDAA), räumt mit gängigen Mythen auf und beantwortet die wesentlichen Fragen. Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Das hält man als Arbeitgeber normalerweise auch aus, zähneknirschend oder als Zahnarzt vielleicht lieber mit der sprichwörtlichen Faust in der Tasche. Problematisch wird das Ganze, wenn sich Fehlverhalten bei einzelnen Beschäftigten häuft, grobe Schnitzer passieren oder Mitarbeitende sich sogar absichtlich falsch verhalten. Spontan kommt einem dann eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in den Sinn, vielleicht sogar als außerordentliche fristlose Kündigung. Aber so einfach ist das nicht. Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung fordert in bestimmten Konstellationen vor der Kündigung zunächst eine Abmahnung. Was ist überhaupt eine Abmahnung? Die Abmahnung ist sozusagen eine letzte Warnung an den Arbeitnehmer: „Achtung, wenn du dich jetzt nicht zusammenreißt und dein Verhalten änderst, wird das arbeitsrechtliche Konsequenzen haben.“ Muss ich das schriftlich machen? Nein. Es gibt keine Rechtsvorschrift, die eine schriftliche Abmahnung fordert. Aber Vorsicht: Eine Abmahnung muss einen bestimmten Mindestinhalt haben, damit sie von den Arbeitsgerichten akzeptiert wird. Erfolgt die Abmahnung nur mündlich, gerät man als Arbeitgeber später schnell in Beweisnot. Die schriftliche Abmahnung ist also zumindest empfehlenswert. Sie sollte dann auch zur Personalakte genommen werden. Was sind das für Mindestinhalte, die gefordert werden? Es gibt drei wesentliche Bestandteile: Erstens muss auf ein bestimmtes, genau geschildertes Fehlverhalten hingewiesen werden, am besten mit Datum und Uhrzeit. Zweitens muss der Mitarbeiter aufgefordert werden, derartiges oder ähnliches Fehlverhalten zukünftig zu unterlassen und sich vertragsgerecht zu verhalten. Drittens müssen dem Arbeitnehmer für den Wiederholungsfall mögliche Rechtsfolgen bis hin zur Kündigung angedroht werden. Muss ich denn immer gleich so förmlich werden? Nein, nicht unbedingt. Die Abmahnung ist ja schon der erste Schritt in Richtung Kündigung. Gerade in Zeiten von Personalknappheit möchte man seine ZFA oder die anderen Angestellten ja in erster Linie behalten. Eine Verhaltensänderung möchte man aber auch sehen. Da bietet es sich an, zunächst einmal eine Ermahnung auszusprechen. Das ist im Prinzip so ähnlich wie eine Abmahnung, allerdings ohne Androhung von Konsequenzen. Eher so wie ein erhobener Zeigefinger nach dem Motto: „Liebe Mitarbeiterin, so möchte ich das nicht. Mache es in Zukunft bitte anders.“ Führt eine Abmahnung letztlich immer zur Kündigung? Nein, einen Automatismus gibt es da nicht. Auch die Abmahnung soll das Arbeitsverhältnis wieder in ein vernünftiges Fahrwasser bringen. Der Arbeitnehmer soll aber – anders als bei der Ermahnung – schon wissen, dass es jetzt wirklich ernst wird, wenn er sich nicht zusammenreißt. Muss das so kompliziert sein? Warum kann man nicht einfach kündigen, wenn es nicht mehr passt? Das müssen wir uns genauer anschauen und hängt auch von der Betriebsgröße der Zahnarztpraxis ab. Werden regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, gilt das Kündigungsschutzgesetz. Teilzeitkräfte zählen je nach Beschäftigungsumfang zu ½ (bis 20 Wochenstunden), zu ¾ (bis 30 Wochenstunden) oder voll (über 30 Wochenstunden). Dabei sind dann aber alle Arbeitnehmer mitzurechnen einschließlich geringfügig beschäftigter Sie ist eine Art letzte Warnung, muss aber formal passen und begründet sein. Foto: M&S Fotodesign - adobe.stock.de zm113 Nr. 19, 01.10.2023, (1700)
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