GESELLSCHAFT | 81 ORANGE LEUCHTENDE BEKENNTNISSE ZUR PATIENTENSICHERHEIT Der Welttag der Patientensicherheit ist einer von zwölf jährlichen Aktionstagen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und wird seit dem Jahr 2019 weltweit ausgerufen. Er geht auf eine Initiative zurück, die das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) mit dem Tag der Patientensicherheit schon 2015 ins Leben gerufen hatte. Teil des Aktionstags ist der Appell von WHO und APS, am 17. September die leuchtende Signalfarbe Orange mittels visueller Maßnahmen für Patientensicherheit wirksam werden zu lassen: mit orangen Bannern in den Fußgängerzonen, orangen Flaggen vor den Kliniken, oranger Kleidung oder digital auf Webseiten oder Social-MediaAccounts. Die Signalfarbe soll aufmerksamkeitsstarke, „orange leuchtende“ Bekenntnisse zur Patientensicherheit schaffen, um das Bewusstsein für das Thema zu schärfen, beschreibt der APS die Idee. Unerwünschte Ereignisse, die das ungewollte Ergebnis einer Behandlung sind, gefährden die Patientensicherheit. Deshalb setzt sich das APS für Strategien zur Vermeidung unerwünschter Ereignisse ein. Viele unerwünschte Ereignisse gehen auf Fehler zurück, die infolge komplexer und arbeitsteiliger Abläufe entstehen. Das wichtigste Instrument zur Verbesserung der Patientensicherheit ist daher das gemeinsame Lernen aus Fehlern, so die Definition. Das APS veröffentlicht die Ergebnisse seiner Projekte und stellt sie allen Einrichtungen und Interessierten im Gesundheitswesen kostenlos zur Verfügung. Dabei sind die Handlungsempfehlungen das wichtiges Praxisinstrument. Experten beraten sich in interdisziplinären Arbeitsgruppen und erstellen Anleitungen zur Umsetzung von Sicherheitsstrategien. Begleitdokumente wie Infoflyer, Hintergrundbroschüren ergänzen die Empfehlungen. Hinter dem APS steckt ein gemeinnütziger Verein, gegründet im Jahr 2005. Dessen Träger sind Vertreter der Gesundheitsberufe, ihrer Verbände und der Patientenorganisationen für den Aufbau einer gemeinsamen Plattform zur Verbesserung der Patientensicherheit in Deutschland. Zusammen entscheiden und tragen sie die Projekte und Initiativen des Vereins. Das Bündnis arbeitet mit Verbänden, Fachgesellschaften, Forschungsinstituten, Krankenkassen, Institutionen der Selbstverwaltung und Patientenorganisationen zusammen. Es wird vom BMG unterstützt. Auf internationaler Ebene besteht Interaktion mit den Schwesterorganisationen für Patientensicherheit. Die Zusammenarbeit dient dem fachlichen Austausch sowie der Vorbereitung und Durchführung von Aktionen und Kampagnen zur Verbesserung der Patientensicherheit in Deutschland. APS sundheitsorganisation (WHO) durch schlechte Kommunikation verursacht und wäre somit vermeidbar. Ärztinnen, Patienten und Mitarbeiter sind daher (stets) aufgerufen, offener miteinander kommunizieren, um diese kritischen Ereignisse zu reduzieren. „Patientensicherheit funktioniert dann gut, wenn die Betroffenen mitgenommen und einbezogen werden. Das kann durch transparente Kommunikation – auf Augenhöhe – gelingen“, sagte Dr. Ruth Hecker, Vorsitzende des APS. Eingeladen zur inhaltlich dichten Veranstaltung in Berlin waren neben Akteuren aus Politik, Medizin und Versorgung, auchbetroffene Patienten. Vorgestellt wurde dort das APS-Projekt „Stimmen für Patientensicherheit“, bei dem Geschädigte ihre Geschichten teilen und anderen Betroffenen Mut machen können, Behandlungsfehler zu melden. Die Botschaft dabei: Hört hin, nehmt eure Patienten mit ihren Zweifeln ernst, fragt nach, um besser zu verstehen. Das könne schlimmere Entwicklungen verhindern. So berichtete eine Frau, wie sie 15 Jahre lang Psychopharmaka nehmen musste, wodurch sie in ihrer Selbstständigkeit und Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt war. Dabei war sie falsch diagnostiziert worden. Sie litt an Epilepsie, verursacht durch einen Gehirntumor. Nachdem dieser entfernt worden war, hatte die Patientin zwar keine Anfälle mehr und die Medikamente konnten abgesetzt werden. Aber das bei dem Eingriff involvierte Hirnareal wurde beeinträchtigt. Das Langzeitgedächtnis nahm Schaden – ihr fehlten Erinnerungen von etwa 15 Jahren und damit große Teile der Kindheiten ihres Nachwuchses. Die Geschichte berührte die Anwesenden spürbar. Verdeutlicht sie doch, was die Fehldiagnose für ihr Leben und das ihrer Familie bedeutet (hat). Was können Zahnärzte tun? Wenn kritische Ereignisse auftreten, sollten sie berichtet werden – damit daraus gelernt werden kann. Ein wichtiges Instrument ist dabei der Betrieb eines Critical Incident Reporting System oder kurz CIRS in der Praxis. Als Berichts- und Lernsystem im klinischen Risikomanagement zählt es zu den wesentlichen Errungenschaften der Patientensicherheitsbewegung. Das Erfassen und Analysieren von kritischen Ereignissen, Fehlern, Risiken und Beinahe-Schäden ist ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung – nämlich hin zu einer Sicherheitskultur. Im zahnärztlichen Bereich trägt das System den Namen „CIRS dent – Jeder Zahn zählt!“. Auf der Plattform (www. cirsdent-jzz.de.) können sich Zahnärztinnen und Zahnärzte öffentlich anonym austauschen, aus den dargestellten Fehlern lernen und eigene Abläufe im Team hinterfragen und verbessern. Für die Patienten bedeutet dieser Austausch eine ständige Optimierung und Sicherung der hohen Qualitätsstandards. Gemeinsam haben die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) auf Cirs dent Instrumente und Methoden geschaffen, um Belange der Patientensicherheit zu erkennen und diese zu verbessern. Auf der Plattform findet sich eine Fülle unterschiedlicher Falldarstellungen – von Aufbissempfindlichkeit bis Zahnersatz. Alle Fälle kommen aus dem konkret erlebten Praxisalltag. Weiter werden lehrreiche Beispiele als „Der besondere Fall aus CIRS dent – Jeder Zahn zählt!“ in den zmveröffentlicht. LL zm113 Nr. 19, 01.10.2023, (1731)
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